Ehepakte, Eheverträge, Ehescheidung, Vermögen und Unterhalt

Ehepakte, Eheverträge, Ehescheidung, Vermögen und Unterhalt

Ehepakte haben grundsätzlich – um Verwechslungen mit anderen derartigen Verträgen zu vermeiden – in den meisten Fällen den Zweck, für Eheschließungen Gütergemeinsachten zu begründen und Erbverträge abzuschließen.

§ 1217 ABGB (1) Ehepakte heißen diejenigen Verträge, welche in der Absicht auf die eheliche Verbindung über das Vermögen geschlossen werden. Sie haben vorzüglich die Gütergemeinschaft und den Erbvertrag zum Gegenstand. (2) Die Bestimmungen dieses Hauptstücks sind auf eingetragene Partner sinngemäß anzuwenden.

Ehepakte erlöschen grundsätzlich mit der Ehescheidung, soferne nicht ausdrücklich anderes vereinbart wurde.

Wesentlich interessanter und mehr mit den Erwartungen der Menschen übereinstimmend sind Eheverträge gemäß § 97 EheG. bzw. Unterhaltsvereinbarungen gemäß § 94 ABGB bzw. vor allem § 80 EheG, die Regelungen für den Fall der Ehescheidung treffen sollen, also bereits im Vorhinein die Regeln festlegen, nach denen die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse einerseits erfolgen soll, andererseits bereits im Vorhinein eine Regelung des künftigen Unterhalts für die Zeit nach einer Scheidung getroffen sein soll.

§ 97. (1) Vereinbarungen, die im Voraus die Aufteilung ehelicher Ersparnisse oder die Aufteilung der Ehewohnung regeln, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsaktes. Vereinbarungen, die im Voraus die Aufteilung des übrigen ehelichen Gebrauchsvermögens regeln, bedürfen der Schriftform.

(2) Von einer im Voraus geschlossenen Vereinbarung über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens mit Ausnahme der Ehewohnung kann das Gericht bei der Aufteilung nur abweichen, soweit die Vereinbarung in einer Gesamtbetrachtung des in die Aufteilung einzubeziehenden Vermögens im Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung einen Teil unbillig benachteiligt, sodass ihm die Zuhaltung unzumutbar ist.

(3) Von einer im Voraus geschlossenen Vereinbarung über die Nutzung der Ehewohnung durch einen Ehegatten kann das Gericht bei der Aufteilung nur abweichen, soweit der andere Ehegatte oder ein gemeinsames Kind seine Lebensbedürfnisse nicht hinreichend decken kann oder eine deutliche Verschlechterung seiner Lebensverhältnisse hinnehmen müsste.

(4) Weicht das Gericht von einer im Voraus geschlossenen Vereinbarung ab, ist insbesondere auf die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse, die Dauer der Ehe sowie darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit der Vereinbarung eine rechtliche Beratung vorangegangen ist und in welcher Form sie geschlossen wurde.

(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten nicht für solche Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe geschlossen haben.

§ 81. (1) Wird die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so sind das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter die Ehegatten aufzuteilen. Bei der Aufteilung sind die Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, in Anschlag zu bringen.

(2) Eheliches Gebrauchsvermögen sind die beweglichen oder unbeweglichen körperlichen Sachen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben; hierzu gehören auch der Hausrat und die Ehewohnung.

(3) Eheliche Ersparnisse sind Wertanlagen, gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind.

§ 82. (1) Der Aufteilung unterliegen nicht Sachen (§ 81), die 
1.
ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat,
2.
dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufes dienen,
3.
zu einem Unternehmen gehören oder
4.
Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen.


(2) Die Ehewohnung, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht oder von Todes wegen erworben oder die ihm ein Dritter geschenkt hat, ist in die Aufteilung dann einzubeziehen, wenn dies vereinbart wurde, wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat. Gleiches gilt für den Hausrat, wenn der andere Ehegatte auf seine Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist.

Um sich überhaupt mit der Frage der vertraglichen Regelungen der Vermögensaufteilung – sprich mit dem Ehevertrag – auseinandersetzen zu können, muss man zunächst die Grundsätze der Vermögensaufteilung im Ehegesetz beleuchten, sie sind der wesentliche Regelungsgegenstand. Fraglos wird dabei zum Zeitpunkt der Eheschließung häufig eine wesentliche Hürde für Regelungen und Verträge sein, dass in der Masse der Fälle aufzuteilendes Vermögen noch gar nicht vorhanden oder auch nur absehbar ist, es wird wohl erst im Laufe des Lebens geschaffen werden. Dieses Problem ist auch in diesem Aufsatz nicht lösbar.

Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ist der Regelungsinhalt dieser gesetzlichen Bestimmungen. § 97 EheG setzt sich mit den Möglichkeiten und der Gültigkeit solcher Eheverträge auseinander, aus § 81 können wir die gesetzliche Definition dieser ehelichen Vermögensbereiche entnehmen.

Grundsätzlich muss also klar sein, dass im Falle der Ehescheidung nur über die Aufteilung jenes Vermögens zu sprechen ist, welches im Sinne dieser gesetzlichen Regeln in der Ehe gemeinsam erworben wurde, egal, wer es schlussendlich bezahlt hat, egal, „auf wessen Namen dieser Vermögensgegenstand läuft“.

Auch wenn wir in der Ehe eine gesetzliche Gütertrennung haben und damit jeder Ehegatte auch in der Ehe Eigentümer seines Vermögens ist und bleibt, im Aufteilungsverfahren im Zuge einer Ehescheidung ist dieses in der Ehe erworbene Vermögen in die Gesamtbetrachtung miteinzubeziehen und unterliegt der Aufteilung.

In der Aufteilung ist einerseits auf den Anteil am Erwerb (der haushaltsführende bzw. Kinder erziehende Ehepartner leistet dadurch bereits seinen 50% Beitrag, von dem im Zweifel immer auszugehen ist), andererseits aber auf Billigkeit (sinnvolle Gerechtigkeit in Betrachtung der Lebensumstände der Ehepartner und eine möglichste Trennung der Lebensbereiche der Geschiedenen (z.B. kein weiteres gemeinsames Miteigentum, gemeinsame Nutzung etc.) Rücksicht zu nehmen. Nicht der Aufteilung unterliegen gemäß § 82 EheG. ausdrücklich die dort angeführten Vermögenswerte, also etwa Geschenktes, Geerbtes, Vermögen aus der Zeit vor der Ehe, die persönlichen Sachen, Berufliches und Unternehmen etc. Einen Sonderstatus hat stets die Ehewohnung.

Der Aufteilung unterliegen also grundsätzlich jene Vermögenswerte, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft geschaffen, zu deren Erwerb sie während dieser Zeit – und sei es auch nur durch Konsumverzicht (OGH 1 Ob 643/82, 1 Ob46/13s)  beigetragen haben, man nennt das eheliche Errungenschaft. Es muss sich um einen Wertzuwachs im Vermögen eines der Ehegatten handeln, der durch Arbeit, Aufwendungen oder Konsumverzicht bewirkt wurde (OGH 2 Ob 501/88), Wertsteigerungen, die etwa auf allgemeine Preissteigerungen zurückzuführen sind, sind nicht in die Aufteilung einzubeziehen (OGH 1 Ob 197/99y, 7 Ob 105/09f iFamZ 2010/126 [Deixler-Hübner]); auch ein Wertzuwachs im Vermögen eines Dritten stellt kein aufzuteilendes Vermögen der Ehegatten dar (1 Ob 65/12h) allerdings ist im Rahmen der Billigkeit darauf Bedacht zu nehmen, wenn ein Ehegatte – auch ohne Rechtsanspruch – im Genuss der Wertsteigerung bleibt oder in absehbarer Zeit in deren Genuss kommen wird (OGH 7 Ob 105/09f). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Zugehörigkeit einer Sache zum aufzuteilenden Vermögen ist die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Diese besteht – anders als die häusliche Gemeinschaft – nicht nur aus der häuslichen, sondern vor allem aus der geistig-seelisch-körperlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeit der Eheleute.

Ein wesentliches Element des Begriffes des ehelichen Gebrauchsvermögens der Gebrauch beider Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft. Unmaßgeblich ist dabei, ob die Sache gemeinsam oder einmal von dem einen, dann wieder von dem anderen benützt worden ist oder ob die Sache mehr dem einen oder dem anderen Ehegatten zum Gebrauch gedient hat. Eine Sache, die aber grundsätzlich nur von einem Ehegatten, vom anderen Ehegatten hingegen nur gelegentlich und ausnahmsweise benützt worden ist, gehört nicht zum ehelichen Gebrauchsvermögen (Hopf/Kathrein Eherecht).

Ehewohnung: ist die Wohnung, in der die Ehegatten im gemeinsamen Haushalt leben oder zuletzt gelebt haben, wo sich der Mittelpunkt der gemeinsamen Lebensführung der Ehegatten befindet oder befunden hat. Der Auszug eines Ehegatten vor der Scheidung ändert nichts an der Qualifikation der Wohnung als Ehewohnung.

Ein wesentliches Element ist die Widmung der Räumlichkeiten durch den über ihre Nutzung verfügungsberechtigten Ehegatten zum Ort des gemeinsamen Wohnens. Als – der Aufteilung unterliegende – Ehewohnung gilt daher auch eine Wohnung, die von den Ehegatten nicht gemeinsam bewohnt wurde, wenn sie nur als Ehewohnung bestimmt war. (Hopf/Kathrein Eherecht) Denkbar ist auch, dass ein Ehepaar noch keine oder keine Ehewohnung mehr hat, aber auch, dass für ein Ehepaar mehrere Wohnungen Ehewohnungen sind. Wohnt etwa ein Ehepaar einen Teil des Jahres in einer Stadtwohnung, den anderen Teil hingegen in einem Gartenhaus, so sind sowohl Stadtwohnung als auch Gartenhaus Ehewohnung (OGH 6 Ob 246/99s).

Eheliche Ersparnisse können nach der gesetzlichen Definition sein: Bargeld, Kontoguthaben, Spareinlagen, Wertpapiere, Kunst, Sammlergegenstände, Immobilien usw. Entscheidend ist natürlich eine Werthaltigkeit und Verwertbarkeit. Planlose laienhafte Sammlungen als Ergebnis einer Freizeitbeschäftigung sind dabei anders zu beurteilen wie jederzeit verwertbare organisierte Sammlungen (Briefmarken usw.) Zur Aufteilung gehören also auch Lebens- oder Unfallversicherungen, Abfertigungen, die bereits ausbezahlt sind, etc.

Nicht dazu zählen aber zum Beispiel das Schmerzensgeld oder eine Verunstaltungsentschädigung, ein erst in Zukunft entstehender Abfertigungsanspruch, sozialversicherungs- oder pensionsrechtliche Versorgungsanwartschaften, Einzahlungen in eine Pensionskasse. Achtung: Die Grenze zwischen „Zukunftsvorsorgeprodukten“ als reine nicht aufzuteilende Pensionsansparung einerseits und Wertanlage andererseits ist fließend, entscheidend wird die Möglichkeit oder Zweckbestimmung der Verwertung als Wertanlagen sein.

Schulden müssen in Betrachtung aufzuteilenden Vermögens mit dem aufzuteilenden Vermögen in einem inneren Zusammenhang stehen. Gemeint sind solche, die den Zweck haben, Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse anzuschaffen, herzustellen, instand zu halten oder zu verbessern [Deixler-Hübner].

Ausgenommen von der Aufteilung gemäß § 82 EheG sind im Wesentlichen vier Gruppen von Vermögenswerten:

Von einem Ehegatten in die Ehe eingebrachte Sachen: Dazu zählen auch in der vorehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam erworbenen Sachen. Voreheliche Schulden sind aufzuteilen, soweit sie sich auf die Ehewohnung oder den Hausrat beziehen. Vor der Eheschließung erworbene Sachen, deren Kaufpreis aber überwiegend nach der Eheschließung gezahlt wurde, sind nicht eingebracht.

Von Todes wegen, auch während aufrechter Gemeinschaft, erworbene Sachen (§ 82 Abs 1 Z 1): Dazu zählen auch Geldbeträge, die ein Ehegatte zum Beispiel als Pflichtteil erhält, eine übereignete Eigentumswohnung etc.

Einem Ehegatten von einem Dritten geschenkte Sachen (§ 82 Abs 1 Z 1): Zuwendungen von Verwandten eines Ehegatten sollen nur diesem zukommen und sind nicht in das aufzuteilende Vermögen einzubeziehen. Hochzeitsgeschenke Dritter sind nur dann nicht aufzuteilen, wenn sie dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten gewidmet oder nur einem Ehegatten zugewendet worden sind. Bei einem Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Wert der Sache liegt aber gemischte Schenkung vor, der geschenkte Teil entfällt aus der Aufteilung.

Erträgnisse eingebrachter, geerbter und geschenkter Sachen während aufrechter Gemeinschaft unterliegen der Aufteilung, ebenso eine Wertsteigerung durch Arbeit oder durch sonstige werterhöhende Aufwendungen, nicht aber die reine Wertsteigerung ohne Zutun der Ehegatten.

Dem alleinigen persönlichen Gebrauch eines EG dienende Sachen: Wäsche, Kleidung, Toilettenartikel, sondern allgemein jene Sachen, die nicht von beiden Ehegatten regelmäßig gebraucht werden, Geräte, die der Ausübung des Hobbys nur eines EG dienen.

Die der Ausübung des Berufs eines EG dienenden Sachen (§ 82 Abs 1 Z 2) unterliegen keiner Aufteilung. (Beispiele sind etwa: PC, Laptop etc. – ausschließlich für Berufszwecke oder Laptop, der PKW eines Vertreters, etc.)

Das Unternehmen selbst (egal wie groß der klein es auch sein mag) gehört nie in die Aufteilungsmasse, das ist also das ganze Anlage- und Umlaufvermögen, die Rechte, Aktiva aber auch Passiva des Unternehmens (= die wirtschaftliche selbständige, organisierte Erwerbsgelegenheit). Das wären also etwa ein landwirtschaftlicher Betrieb, Immobilien zur Vermietung ab einer bestimmten Organisationsstruktur, wie Buchhaltung etc. (das werden wohl 5 bis 6 Einheiten sein müssen), Privatzimmervermietung, Kleingastronomie usw.

Vom Unternehmen unterschieden werden müssen aber die unternehmerischen Erträge, die aus dem Unternehmen in Gemeinschaftsvermögen oder Ersparnisse umgewandelt werden (das Kapitalkonto des Unternehmens fällt nicht darunter, solange es nicht für unternehmensfremde Zwecke umgewandelt wird. Die seit 1999 eingeführte Neufassung § 91 Abs 2 EheG. Unterwirft aber jene Vermögenswerte der Aufteilung, die aus dem Gemeinschaftsvermögen in ein Unternehmen eingebracht wurden.

Von der Aufteilung ausgenommen sind nach § 82 Abs 1 Z 4 auch Anteile an einem Unternehmen, seien dies Aktien, Anteile an einer GmbH, einer Genossenschaft, einer Personenhandelsgesellschaft oder an einer GesbR. oder die Einlage des stillen Gesellschafters. Voraussetzung für die Ausnahme ist aber, dass mit dem Unternehmensanteil eine Mitwirkung an der Unternehmensführung oder sonst ein maßgebender Einfluss auf diese verbunden ist, wofür die bloße rechtliche Möglichkeit eines solchen Einflusses ausreicht, nicht also die tatsächliche Ausübung desselben erforderlich ist (Kommentar Rummel/Lukas zu § 81 EheG). Maßgeblicher Einfluss: Anteilsmehrheit oder auch Sperrminorität, Stellung als Geschäftsführer;

Gleiches gilt umgekehrt für die Zuordnung des Erlöses aus der Veräußerung des Unternehmens: Wird der Erlös nicht in ein anderes Unternehmen investiert u aus ihm auch nicht ein anderes Unternehmen erworben oder gegründet, so zählt der Erlös zu den Ersparnissen (EF 60.363 ua.) weil die unterlassene Reinvestition als Umwidmung für unternehmensfremde Zwecke anzusehen ist. Die Verpachtung des Unternehmens belässt dieses außerhalb der Aufteilungsmasse (ecolex 1995, 718).

§ 82 Abs 2 EheG schafft hinsichtlich der Ehewohnung u des Hausrats eine Ausnahme von der Ausnahme –Unter bestimmten Voraussetzungen sind die Ehewohnung und der Hausrat in die Aufteilung einzubeziehen (EheRÄG 1999) – für diese Gegenausnahme erfordert es zwei auf den Bedarf ausgerichteter gesetzlicher Gründe für die neuerliche Einbeziehung in die Aufteilung:

Die „Ausnahme von der Ausnahme“ – gesetzliche „Einbeziehungsgründe“: Meine Wohnung, mein Haus, die Immobilie meines Unternehmens, vor der Ehe geschaffen oder geschenkt geerbt usw. – und doch der Aufteilung unterworfen? – Ja, unter den besonderen beiden folgenden Gründen:

1. Der andere Ehegatte, von dem also die Wohnung nicht stammt, hat ein dringendes Wohnbedürfnis, kurz jemand kann selbst aus seiner Kraft seine Wohnbedürfnisse nicht decken und würde zumindest eine länger dauernde Obdachlosigkeit drohen (EF 43.763; EF 51.744; EF 57.342EF 57.342, EF 93.947); die die Ehewohnung ist daher nicht in die Aufteilung einzubeziehen, wenn dem anderen Ehegatten eine Ersatzwohnung zur Verfügung steht.

2. Der zweite Einbeziehungsgrund liegt vor, wenn ein gemeinsames Kind der Ehegatten einen berücksichtigungswürdigen Bedarf an der Weiterbenützung der Wohnung hat. Dieser Tatbestand setzt die Schwelle für die Einbeziehung der Ehewohnung wesentlich niedriger an. Er ist auch zu bejahen, wenn das Kind durch das Umziehen in eine andere Wohnung aus seinem bisherigen sozialen Umfeld, insbesondere aus der Schule oder dem Kindergarten herausgerissen würde und dies mit einer Belastung des Kindes verbunden wäre oder wenn der Umzug eine gravierende Verschlechterung der Wohnsituation mit sich brächte; eine Gefährdung des Kindeswohls durch einen solchen Umzug ist nicht erforderlich (Hopf/Stabentheiner, ÖJZ 1999, 871). 

Die Folgen dieser Gegenausnahme, also neuerlichen Einbeziehung: Die die Ehewohnung ist zur Gänze in die Aufteilung einzubeziehen. Bildet die Ehewohnung aber nur einen Teil der Gesamtnutzung einer Liegenschaft aus (etwa die Hausherrnwohnung in einem Zinshaus), so unterliegt der Einbeziehung in die Aufteilung nur das Benützungsrecht daran, nicht das Grundeigentum (EF 69.315; EF 69.324) In diesen Bedarfsfällen ist sie auch dann Aufteilungsgegenstand, wenn sie in einem zu einem Unternehmen gehörenden Haus liegt.

Unter den ersten Fall der Ziffer 1 des § 82 fallen auch Sachen, die während einer der Ehe vorangegangenen faktischen Lebensgemeinschaft angeschafft und von den Lebensgefährten sodann in die Ehe eingebracht worden sind; diese Sachen behalten ihre rechtliche Zuordnung, sei es als Eigentum eines der beiden Lebensgefährten, sei es als gemeinschaftliches Eigentum und gehören somit – im Fall der Auflösung der Ehe – auch nicht in die Aufteilungsmasse (OGH 1 Ob 691/82; 1 Ob 6/13h;). Das gilt auch für Schulden, die vor der Ehe für die Anschaffung der (späteren) Ehewohnung und des Hausrats eingegangen worden sind (EFSlg 109.973).

Dementsprechend sind auch Beiträge zur Vermögensbildung während einer vorehelichen Lebensgemeinschaft im Aufteilungsverfahren nicht zu berücksichtigen (OGH 10 Ob 71/98 h EFSlg 87.540).

Die Ehewohnung, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht oder von Todes wegen erworben oder die ihm ein Dritter geschenkt hat, ist in die Aufteilung dann einzubeziehen,

  1. wenn dies vereinbart wurde, oder
  2. wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist, oder
  3. wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat.  

zu 2. Eine Einbeziehung von Ehewohnung (und Hausrat) nach § 82 Abs 2 EheG kommt nur dann in Betracht, wenn der antragstellende Ehegatte deren Zuweisung begehrt, weil er auf die Weiterbenützung angewiesen ist (1 Ob 209/04y; 1 Ob 46/14t). Daher keine Einbeziehung, wenn die Antragstellerin und die gemeinsamen Kinder bereits Jahre vor der Ehescheidung aus der Ehewohnung auszogen sind (OGH 23.11.2004, 1 Ob 209/04y).

Dem auf die Wohnung angewiesenen Ehegatten soll jene Wohnmöglichkeit erhalten bleiben, die schon bisher der Deckung seiner den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse diente und die er weiter benötigt. Vor diesem Hintergrund erstreckt sich der sicherungsfähige Wohnungserhaltungsanspruch der gefährdeten Partei nicht nur auf eine etwa 50 m2 große Wohneinheit, sondern auch auf ein in die Wohneinheit nicht integriertes, aber zur Ehewohnung gehörendes benachbartes Objekt gleicher Größe, in dem Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens der Ehegatten und Spielsachen ihres in der Wohneinheit betreuten minderjährigen Kindes aufbewahrt werden (RIS-Justiz RS0115507).

Das Fehlen einer anderen Wohnmöglichkeit erfüllt für sich allein noch nicht den Tatbestand des § 82 Abs 2 EheG, weil der davon betroffene Ehegatte nach seinem Einkommen und Vermögen unter Bedachtnahme auf seine Sorgepflichten durchaus in der Lage sein kann, sein Wohnungsbedürfnis auf andere Weise als durch Weiterbenützung der Ehewohnung zu befriedigen (10Ob363/99a; 7Ob277/00m).Wenn der Ehegatte über ein ausreichendes Einkommen verfügt, ist ein Wohnbedürfnis im Sinne einer vitalen Existenzbedrohung jedenfalls abzusprechen (Einkommen monatlich netto €1.940,- wurden bereits als ausreichend angenommen (EF 60.351).

Diese Existenzbedrohung ist auch dann nicht der Fall, wenn der zunächst auf die Weiterbenützung angewiesene Teil durch die Leistung einer Ausgleichszahlung des anderen Teiles in die Lage versetzt wird, sich ohne unbillige Einschränkung der Wohnqualität eine Ersatzwohnmöglichkeit zu schaffen (1Ob6/13h; 1Ob95/15z; 1Ob139/15w). Die Antragstellerin ist mit ihrem Pensionseinkommen in der Lage, sich eine – wenn auch bescheidene – Wohnmöglichkeit selbst zu finanzieren. Von einer unzumutbaren bzw unbilligen Einschränkung ihrer Wohnqualität ist nicht auszugehen, lebte sie doch vorher gemeinsam mit dem Antragsgegner in einer rund 90 m² großen Wohnung und steht ihr nun für sich allein eine Wohnung mit 35 m² zur Verfügung (OGH 21.05.2015, 1 Ob 95/15z).

Eine Existenzfrage ist auch dann nicht gegeben, wenn der Ehegatte seit Jahren bzw seit der Scheidung bei seinem Lebensgefährten wohnt (LGZ Wien 47R 237/93 EF 72.391; LG Salzburg 21R 17/06g EF 117.514).

Ausgleichszahlung, Ermittlung Substanzwert

Im Falle der einseitigen Einbringung einer Liegenschaft mit der Ehewohnung ist – unter den Voraussetzungen des § 82 Abs 2 EheG – zwecks Ermittlung einer Ausgleichszahlung der Substanzwert zu erheben, wobei jedoch nur die tatsächlich als Ehewohnung benützten Teile einzubeziehen sind und eine Ausgleichszahlung entsprechend zu reduzieren ist (OGH 26.05.2004, 9 Ob 4/04k).

Grundstück Von einer in die Ehe eingebrachten oder von einer von einem Dritten geschenkten Ehewohnung kann nach der Rechtsprechung dann nicht gesprochen werden, wenn bloß der Grund, auf dem die Ehegatten während der Ehe das als Ehewohnung dienende Haus errichtet haben, in die Ehe eingebracht oder von dritter Seite geschenkt worden ist (OGH 7Ob749/82; 8Ob568/90)

Teilfinanzierung eines Einfamilienhauses: Gleiches gilt für die schenkungsweise Teilfinanzierung des Baus eines Einfamilienhauses durch den Elternteil eines Ehegatten (OGH 5Ob672/82; 8Ob567/88;) In diesen Fällen ist also das als Ehewohnung dienende Haus jedenfalls in die Aufteilung einzubeziehen – unabhängig davon, ob die Benützung der Ehewohnung für einen Ehegatten eine Existenzfrage bildet.

Fremdfinanzierte eingebrachte Ehewohnung: § 82 Abs 1 Z 1 EheG nimmt unter anderem solche Sachen von der Aufteilung aus, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat. Ob eine Sache als eingebracht gilt, ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EheG § 82). Überwiegt der Wert der Investitionen und der Lastenfreistellung jenen der belasteten Liegenschaft zum Zeitpunkt der Eheschließung und ist damit die überwiegende Wertschöpfung während der Ehe erfolgt, ist die Liegenschaft zur Gänze in die Aufteilung einzubeziehen (Deixler-Hübner aaO; 1Ob159/04w).

Bringt ein Ehegatte die Ehewohnung in die Ehe ein, die zum Zeitpunkt der Eheschließung lediglich fremdfinanziert war, und wurde der Kredit erst während aufrechter Ehe getilgt, wäre die Wohnung unter sachenrechtlichen Gesichtspunkten eingebracht (und damit von der Aufteilung ausgenommen), unter aufteilungsrechtlichen Gesichtspunkten jedoch jedenfalls dann nicht, wenn die Fremdmittel zum Zeitpunkt der Eheschließung den damaligen Verkehrswert der Wohnung erreicht oder gar überstiegen hatten. Die Ehegatten haben ja dann während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft die Wohnung abbezahlt und damit – wirtschaftlich gesehen – aufteilungsrechtlich erworben (1Ob119/09w).

Beispiel:

Verkehrswert der (späteren) Ehewohnung zum Ankaufszeitpunkt EUR 500.000,00; die Frau nimmt einen Kredit zum Ankauf über EUR 600.000,– auf. Kurze Zeit später erfolgt die Hochzeit. Die Wohnung wird zur Ehewohnung (eingebracht, weil vorehelich erworben). Kredittilgung erfolgt (durch die Ehefrau) während aufrechter Ehe. Bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist die Ehewohnung mit ihrem dann bestehenden Verkehrswert in die Aufteilungsmasse einzubeziehen, weil die Wertschöpfung (durch Kredittilgung) während aufrechter Ehe erfolgt ist.

Dies gilt auch dann, wenn die Ehewohnung bei der Eheschließung lediglich zu einem geringfügigen Teil angezahlt war bzw. die Fremdmittel erst zu einem geringfügigen Teil (z.B. etwa 10 %) zurückgeführt worden waren (3Ob588/82), und dann erst während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft der Rest bezahlt wurde.

Da der sachenrechtliche Aspekt nicht völlig unbeachtlich sein kann und ansonsten wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen sollen, ist hingegen von einer eingebrachten (und somit nicht der Aufteilung unterliegenden) Sache jedenfalls dann auszugehen, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung deutlich mehr als die Hälfte des damaligen Verkehrswertes bereits bezahlt war – also die damals offenen Fremdmittel deutlich weniger als die Hälfte des Verkehrswertes betrugen (1Ob119/09w).

Beispiel:

Verkehrswert der (späteren) Ehewohnung zum Ankaufszeitpunkt EUR 500.000,–; die Frau nimmt einen Kredit zum Ankauf über EUR 600.000,– auf; bei Eheschließung waren EUR 400.000,– bereits zurückgeführt – die Wohnung unterliegt nicht der Aufteilung (Wertschöpfung erfolgte vor der Eheschließung).

Wenn die für die Wohnung aufgenommenen Kredite zum überwiegenden Teil während der Ehe, somit aus dem gemeinsamen Erwerb der Ehegatten, konkret zu 2/3, zurückbezahlt wurden, fällt die Wohnung aufgrund der während der Ehe bewirkten Lastenfreistellung in die Aufteilungsmasse. Die Grenze wird tatsächlich wohl bei 60:40 bis 1:2 liegen.

Für die Frage der gänzlichen Einbeziehung einer eingebrachten Liegenschaft ist darauf abzustellen, ob der Wert der während aufrechter ehelicher Gemeinschaft getätigten Investitionen und/oder Schuldentilgung für im Zusammenhang mit ihrem Erwerb oder wertsteigernden Aufwendungen stehenden oder darauf lastenden Verbindlichkeiten mit in der Ehe erwirtschafteten Mitteln, also die eheliche Wertschöpfung, den „reinen“ Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt der Eheschließung (aufgewertet zum späteren Bewertungsstichtag), erheblich überwiegt. Es kommt also darauf an, ob die während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft bewirkte Wertschöpfung als Anteil des aktuellen Verkehrswertes im Vergleich zum Wert des Eingebrachten erheblich überwiegt. Nur dann ist die Liegenschaft als Ganzes in die Aufteilungsmasse einzubeziehen (OGH 1Ob262/15h;)

Nicht nur die Frage der Einbringung, sondern auch die Frage des Vorliegens und des Ausmaßes der Wertsteigerung einer Liegenschaft ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Es ist daher nicht bloß darauf abzustellen, welchen Verkehrswert die Sache so widerspiegelt, wie sie in der Natur (in Umfang und Fertigstellungsgrad) vor der Eheschließung vorhanden ist, und wer Eigentümer ist. Der mit dem Sacheigentum verbundene Vermögenswert bemisst sich vielmehr bloß mit der Differenz zwischen hypothetischen Verkaufserlös der lastenfreien Sache und demjenigen Betrag, der zur Abdeckung der auf der Sache haftenden Schulden notwendig ist. Erst die fortschreitende Schuldentilgung verschafft dem jeweiligen grundbücherlichen Eigentümer den ihm real zur Verfügung stehenden Wert(-zuwachs) und damit das (volle) Vermögen. Geschieht die Schuldentilgung mit während der ehelichen Gemeinschaft erworbenen Mitteln, ist die dadurch erzielte Wertschöpfung eheliche Errungenschaft. Im Rahmen des Aufteilungsverfahrens ist dieser Ansatz aber nicht auf die auf der Sache haftenden Schulden zu beschränken. Im Verhältnis zwischen den ehemaligen Ehegatten sind vielmehr all jene Schulden zu veranschlagen, die – mag auch die eingebrachte Liegenschaft selbst nicht mit einem Pfandrecht belastet worden sein – dazu aufgenommen wurden, um sie zu erwerben oder ihren Wert durch Investitionen zu steigern, wäre es doch ohne diese Kredite nicht dazu gekommen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass eine von einem oder beiden Ehepartnern in die Ehe eingebrachte, aber fremdfinanzierte Liegenschaft eine als eheliche Errungenschaft anzusehende und in die Aufteilung miteinzubeziehende Wertsteigerung erfährt, soweit der Kredit aus während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erwirtschafteten Mitteln vermindert wird. Werden keine weiteren Investitionen, Sanierungs- oder Umbauarbeiten während dieser Zeit erbracht, entspricht die auf der Kredittilgung beruhende Wertsteigerung einer Liegenschaft in der Regel betragsmäßig der Reduktion des Kreditsaldos (OGH 1Ob262/15h; iFamZ 2016/108 [Deixler-Hübner]).

Ein Ausgleich hat dann allenfalls im Rahmen der Billigkeit zu erfolgen, wobei Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens zu berücksichtigen ist.

Überwiegt die Wertschöpfung nicht, liegen bloße Wertsteigerungen vor, die die Rechtsprechung als eheliche Ersparnis wertet (1Ob9/14a, 1Ob139/15w; 1Ob245/15h; 1Ob83/16m;).

Berücksichtigung der Wertsteigerung einer eingebrachten Ehewohnung

Das Ziel des Aufteilungsverfahrens ist die billige Aufteilung der ehelichen Errungenschaft. Damit ist – wie der OGH bereits in seiner Entscheidung zu 8 Ob 613/88 deutlich machte – das während der Ehe, genauer bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft, Erarbeitete oder Ersparte gemeint (auch 1Ob643/82; 1Ob139/15w; 1Ob245/15h;), wobei nicht entscheidend ist, ob die Errungenschaft durch gemeinsame Tätigkeit geschaffen wurde (1 Ob 643/82; 8 Ob 586/85;) oder ob sie auf Anstrengung oder Konsumverzicht (Zurückhaltung) beruht.

Wertsteigerungen, die nicht auf die Anstrengungen oder den Konsumverzicht der Eheleute, sondern auf allgemeine Preissteigerungen von Liegenschaften zurückzuführen sind, sind nicht als eheliche Errungenschaft anzusehen (7Ob105/09f; 1Ob139/15w).

Richtigerweise sind die von den Ehepartnern auf eine von einem oder beiden eingebrachte Liegenschaft gemachten wertsteigernden Aufwendungen – wie etwa eigene Arbeitsleistungen (6Ob807/82) oder finanzierte Investitionen, so etwa Renovierungs- oder Umbauarbeiten (8Ob61/10v) oder ein Ausbau (1Ob126/12d) – im Rahmen der Aufteilung nach ständiger Rechtsprechung selbst dann, wenn die Liegenschaft gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG als eingebrachtes Vermögen nicht der Aufteilung unterliegt, zu berücksichtigen, und zwar insoweit, als sie aus während der Ehe erworbenen Mitteln finanziert wurden und zum maßgeblichen Aufteilungszeitpunkt noch im Wert der Liegenschaft fortwirkten.

Voraussetzung zur Berücksichtigung einer erfolgten Wertsteigerung im Rahmen der Aufteilung ist aber, dass es sich nicht nur um die allgemeine Werterhöhung handelt (Marktverhältnisse), sondern sie auf gemeinsame Anstrengungen der Ehepartner zurückzuführen ist. Es soll erreicht werden, dass der Ehepartner, der Sachgüter in die Gemeinschaft eingebracht hat, nicht auch jenen Wertzuwachs erhält, der durch die Arbeitsleistung des anderen Ehepartners bewirkt wurde, und dieser (durch seinen Beitrag) im Umfang der Leistung auch am dadurch bewirkten Zugewinn angemessen teilnehmen kann (1Ob191/12p, 1Ob46/13s).

Reine Erhaltungsarbeiten stellen keinen Wertzuwachs dar, weil unter das einem Aufteilungsverfahren unterliegende Vermögen immer nur wertsteigernde Aufwendungen auf die gemeinsame Sache fallen (4Ob208/01v). Es ist auch zu berücksichtigen, dass Investitionen durch Abnutzung wieder an Wert verlieren (8Ob61/10v).

Der OGH sprach unter diesem Gesichtspunkt bereits zu 3Ob588/82 aus, dass Sachen, die kurz vor der Eheschließung zu etwa zehn Prozent angezahlt und dann erst während der Ehe abgezahlt wurden, nicht „in die Ehe eingebracht“ sind. Die für einen solchen (Grenz-)Fall der bloß geringfügigen „Anzahlung“ vor der Ehe erkannte Konsequenz muss bei wirtschaftlicher Betrachtung auch für einen gleichfalls zwar sachenrechtlich durch Eigentumserwerb vor der Ehe in Gang gesetzten, aber in nicht vernachlässigbarem Maß mit den Mitteln aus der ehelichen Gemeinschaft weitergeführten und so finanzierten Vermögensaufbau eines (oder beider) Ehegatten gelten.

Nicht nur die Frage der Einbringung, sondern auch die Frage des Vorliegens und des Ausmaßes der Wertsteigerung einer Liegenschaft ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Es ist daher nicht bloß darauf abzustellen, welchen Verkehrswert die Sache so widerspiegelt, wie sie in der Natur (in Umfang und Fertigstellungsgrad) vor der Eheschließung vorhanden ist, und wer deren Eigentümer ist (s auch Gitschthaler, Glosse zu 1 Ob 191/12p,).

Die Schuldentilgung bzw -belastung bleibt ja auch nicht ohne Auswirkungen auf den am Markt erzielbaren Erlös der Liegenschaft. Wenn – wie schon in 6Ob552/88 – beim Wert einer Liegenschaft im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft auf den „reinen Wert, also abzüglich der Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Schaffung (Werterhöhung) des Anlagegutes eingegangen wurden und die bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch offen waren“, abzustellen ist (6Ob760/83; 6Ob658/84; 1Ob187/14b), kann dies auch bei deren Wert zum Zeitpunkt des Beginns der Ehe nicht anders gesehen werden.

Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist darauf Rücksicht zu nehmen, welches finanzielle Ergebnis für den Eigentümer als am Markt erzielbarer Erlös bei Verkauf seiner Liegenschaft im Zeitpunkt der Eheschließung verblieben wäre. Von jenem Preis, den ein Käufer für die in der Natur vorhandene Sache (bei Lastenfreiheit) zu bezahlen bereit wäre, wären nämlich, müsste er die darauf lastenden Verbindlichkeiten übernehmen, jedenfalls diese auf der Liegenschaft sichergestellten Schulden abzuziehen (1Ob516/90). Damit bemisst sich der mit dem Sacheigentum verbundene Vermögenswert bloß mit der Differenz zwischen dem hypothetischen Verkaufserlös der lastenfreien Sache und demjenigen Betrag, der zur Abdeckung der auf der Sache haftenden Schulden notwendig ist. Erst die fortschreitende Schuldtilgung verschafft dem jeweiligen grundbücherlichen Eigentümer den ihm real zur Verfügung stehenden Wert(-zuwachs) und damit das (volle) Vermögen. Geschieht die Schuldtilgung mit während ehelicher Gemeinschaft erworbenen Mitteln, ist die dadurch erzielte Wertschöpfung eheliche Errungenschaft.

Schon in den Entscheidungen 2Ob18/00m und 7Ob105/09f hat der OGH der Berücksichtigung der Verwendung gemeinsamer Mittel zur Abdeckung von Kreditschulden für die von einem Partner eingebrachte Liegenschaft mit dem Argument, dass es durchaus billig erscheine, den anderen Ehepartner am dadurch eingetretenen Wertzuwachs im Vermögen des Einbringenden teilhaben zu lassen, zugestimmt.

Ebenso erläuterte der OGH zu 1Ob191/12p zu einer ebenfalls fremdfinanzierten und wiederum von einem Ehegatten in die Ehe eingebrachten Eigentumswohnung, dass es nicht sachgerecht wäre, den Wert von der Aufteilung auszunehmen, der durch die während der ehelichen Gemeinschaft erfolgte Rückzahlung der Kreditverbindlichkeiten erzielt worden ist. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung (§ 83 Abs 1 EheG) sei ausschlaggebend, welche Wertschöpfung während der aufrechten Ehe geschaffen worden sei und welche Beiträge die Ehegatten geleistet hätten. Dazu werde festzustellen sein, welchen Betrag der die Anteile einbringende Ehegatte bereits vor Eheschließung in die Eigentumswohnung investiert hatte und welchen Wert sie zu diesem Zeitpunkt nach Abzug der aushaftenden Kreditverbindlichkeiten hatte.

Im Verhältnis zwischen den ehemaligen Ehegatten sind all jene Schulden zu veranschlagen, die – mag auch die eingebrachte Liegenschaft selbst nicht mit einem Pfandrecht belastet worden sein – dazu aufgenommen wurden, um sie zu erwerben oder ihren Wert durch Investitionen zu steigern, wäre es doch ohne diese Kredite nicht dazu gekommen (6Ob552/88 bzw. zu „konnexen Schulden“ 1Ob88/05f; 1Ob187/14b).

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass eine von einem oder beiden Ehepartnern in die Ehe eingebrachte, aber fremdfinanzierte Liegenschaft eine als eheliche Errungenschaft anzusehende und in die Aufteilung miteinzubeziehende Wertsteigerung erfährt, soweit der Kredit aus während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erwirtschafteten Mitteln vermindert wird. Werden keine weiteren Investitionen, Sanierungs- oder Umbauarbeiten während dieser Zeit erbracht, entspricht die auf der Kredittilgung beruhende Wertsteigerung einer Liegenschaft in der Regel betragsmäßig der Reduktion des Kreditsaldos.

Beispiel: (1 Ob 262/15h)

Die im Mai 2004 zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe wurde am 01.04.2011 aus gleichteiligem Verschulden geschieden.

Vor der Eheschließung kaufte A die Wohnung Top 10 mit einer Terrasse und einem Rohdachboden. Seit 06.03.2000 lebten der Antragsgegner und die Antragstellerin in der Wohnung Top 10 zusammen. B nahm im Jahr 2000 einen Kredit über damals EUR 100.000,–. Die Streitteile vereinbarten in Form einer mündlichen Absprache, dass dieser Kreditbetrag dazu verwendet werde, dass B damit den Hälfteanteil an Top 10 und auch den anteilig dazu gehörigen Dachboden, später Top 11, ankaufe. Die Kreditsumme wurde von der Bank direkt auf das Konto des A überwiesen. In der Folge kam es zu Querelen mit den anderen Wohnungseigentümern im Zusammenhang mit der Parifizierung der neu geschaffenen Wohneinheit und der Festsetzung des Betriebskostenschlüssels. A vertröstete B damit, dass die Einverleibung nach Beilegung der Streitigkeiten erfolgen würde. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgte in monatlichen Raten vom Konto der B.

Ebenfalls noch vor der Eheschließung, im Jahr 2003, begannen die Streitteile, das an die Wohnung angrenzende Dach auszubauen. A nahm am 18.04.2003 einen Kredit in Höhe von EUR 100.000,– auf. Auch dieser Kredit war für den Ausbau der Ehewohnung gewidmet. Es wurde eine eigene Wohneinheit Top 11 geschaffen. Die spätere Ehewohnung wurde zum Großteil bereits vor der Ehe durch Arbeits- und Finanzleistungen beider Ehegatten ausgebaut. In der Folge zogen die Streitteile in den ausgebauten Dachboden Top 11. Top 10 wurde als Gästewohnung behalten. Nach der Eheschließung (im Mai 2004) nahmen die Streitteile am 27.08.2004 gemeinsam einen ebenfalls auf der Liegenschaft sichergestellten Kredit in Höhe von EUR 50.000,00 auf, wobei der Betrag für den Ausbau bzw die Möblierung der Ehewohnung verwendet wurde.

Da im vorliegenden Fall alle drei Kredite im Zusammenhang mit der Liegenschaft aufgenommen wurden, bedeutet dies, dass in einem ersten Schritt die offenen Kreditsalden der beiden ersten Kredite zum Zeitpunkt der Eheschließung zu eruieren sein werden (der dritte wurde ohnehin erst während der ehelichen Gemeinschaft aufgenommen). Zweiter Schritt: Ausgehend davon wären die Saldenreduktionen bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zu erheben. Erst dann kann beurteilt werden, ob eine erheblich überwiegende Wertsteigerung vorliegt, die zur Einbeziehung der in einer rechtlichen Einheit eingetragenen Liegenschaftsanteile zu Top 10 und Top 11 als Ganzes führt.

Dritter Schritt: Es ist der Verkehrswert durch einen Sachverständigen zu ermitteln.

Zusammenfassung

Von einem Ehegatten vor der Eheschließung erworbene Sachen sind der Aufteilung nach den § 81 ff EheG grundsätzlich entzogen und nicht Bestandteil der Aufteilungsmasse (§ 82 Abs 1 Z 1 EheG). Das gilt grundsätzlich auch für die Wohnung, die von einem Ehegatten in die spätere Ehe eingebracht und während aufrechter Ehe vom Ehepaar gemeinsam benützt wird.

Besonderheiten ergeben sich allerdings im Hinblick auf eine von einem Ehegatten vor der Ehe erworbene, fremdfinanzierte Wohnung, die von diesem in die Ehe eingebracht wurde. Sie ist der Aufteilung nur dann entzogen, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung bereits deutlich mehr als die Hälfte des damaligen wirtschaftlichen Werts der Wohnung bezahlt war. Es ist dabei nicht bloß auf den Verkehrswert abzustellen, sondern auf den „reinen Wert“, also abzüglich der Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Schaffung (Werterhöhung) des Anlagegutes eingegangen wurden und bei der Aufhebung der Lebensgemeinschaft noch offen waren (6Ob760/83, 6Ob658/84, 1Ob187/14b).

Übersteigen die Fremdmittel im Zeitpunkt der Eheschließung den reinen Wert (siehe dazu oben) der Ehewohnung oder sind sie ähnlich hoch und werden sie während aufrechter Ehe getilgt – erfolgt also die erheblich überwiegende Wertschöpfung während aufrechter Ehe –, so gilt die Ehewohnung als während aufrechter Ehe (aufteilungsrechtlich) erworben und ist daher Bestandteil der Aufteilungsmasse (1 Ob 119/09w, 1 Ob 159/04w; RS0057681; EFSlg 131.228). Ziel des Aufteilungsverfahrens ist nämlich die Aufteilung ehelicher Errungenschaften, wobei nicht entscheidend ist, ob diese durch gemeinsame Tätigkeit während der Ehe erarbeitet oder erspart wurden (RS0057486).

Laut ständiger Rechtsprechung sowie herrschender Lehre ist für die Frage der gänzlichen Einbeziehung einer von einem Ehegatten eingebrachten, fremdfinanzieren Liegenschaft darauf abzustellen, ob der Wert der während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft getätigten Investitionen und/oder der Schuldtilgung, also die eheliche Wertschöpfung, den „reinen“ Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt der Eheschließung (aufgewertet zum späteren Bewertungsstichtag), erheblich überwiegt (1Ob 262/15h).

Bei Einbeziehung der Liegenschaft als Ganzes ist sie im Regelfall einem Ehegatten ins Alleineigentum zu übertragen. Für die Bemessung der Ausgleichszahlung sind die vorehelichen Beträge samt darauf beruhender Wertsteigerung rechnerisch vorweg zuzuweisen und die noch offenen Schulden zu berücksichtigen. Der Restwert ist dann zwischen den Streitteilen im Verhältnis des im Verfahren ermittelten Aufteilungsschlüssels aufzuteilen.

VERTRÄGE ZUR AUFTEILUNG DES VERMÖGENS IM FALLE EINER SPÄTEREN SCHEIDUNG

Auszugsweise die wesentlichen Rechtsgrundlagen

§ 82.  
 
(2) Die Ehewohnung, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht oder von Todes wegen erworben oder die ihm ein Dritter geschenkt hat, ist in die Aufteilung dann einzubeziehen, wenn dies vereinbart wurde, ….

§ 87.

(1) Für die Ehewohnung kann das Gericht, wenn sie kraft Eigentums oder eines anderen dinglichen Rechtes eines oder beider Ehegatten benützt wird, die Übertragung des Eigentums oder des dinglichen Rechtes von einem auf den anderen Ehegatten oder die Begründung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses zugunsten eines Ehegatten anordnen. Die Übertragung des Eigentums oder eines dinglichen Rechts an einer Ehewohnung nach § 82 Abs. 2 können die Ehegatten durch Vereinbarung ausschließen.

(2) Sonst kann das Gericht ohne Rücksicht auf eine Regelung durch Vertrag oder Satzung anordnen, dass ein Ehegatte an Stelle des anderen in das der Benützung der Ehewohnung zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintritt oder das bisher gemeinsame Rechtsverhältnis allein fortsetzt.

Wird die Ehewohnung kraft Eigentums oder Miteigentums am Haus oder kraft eines anderen dinglichen Rechts, also Fruchtgenusses, Dienstbarkeit der Wohnung oder Baurechts, benützt, so hat das Gericht die Anordnungsbefugnisse nach § 87 Abs 1. Demnach kann das Gericht entweder das ganze oder anteilige Eigentum oder die sonstigen dinglichen Rechte von einem auf den anderen Ehegatten übertragen oder zugunsten eines Ehegatten neu einen Miteigentumsanteil oder ein Fruchtgenussrecht oder die Dienstbarkeit der Wohnung zu Lasten des Allein- oder Miteigentums des anderen Ehegatten begründen (wohl nicht bei höchstpersönlichen Dienstbarkeiten)

§ 97. (1) Vereinbarungen, die im Voraus die Aufteilung ehelicher Ersparnisse oder die Aufteilung der Ehewohnung regeln, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsaktes. Vereinbarungen, die im Voraus die Aufteilung des übrigen ehelichen Gebrauchsvermögens regeln, bedürfen der Schriftform.

(2) Von einer im Voraus geschlossenen Vereinbarung über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens mit Ausnahme der Ehewohnung kann das Gericht bei der Aufteilung nur abweichen, soweit die Vereinbarung in einer Gesamtbetrachtung des in die Aufteilung einzubeziehenden Vermögens im Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung einen Teil unbillig benachteiligt, sodass ihm die Zuhaltung unzumutbar ist.

(3) Von einer im Voraus geschlossenen Vereinbarung über die Nutzung der Ehewohnung durch einen Ehegatten kann das Gericht bei der Aufteilung nur abweichen, soweit der andere Ehegatte oder ein gemeinsames Kind seine Lebensbedürfnisse nicht hinreichend decken kann oder eine deutliche Verschlechterung seiner Lebensverhältnisse hinnehmen müsste.

(4) Weicht das Gericht von einer im Voraus geschlossenen Vereinbarung ab, ist insbesondere auf die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse, die Dauer der Ehe sowie darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit der Vereinbarung eine rechtliche Beratung vorangegangen ist und in welcher Form sie geschlossen wurde.

(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten nicht für solche Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe geschlossen haben.

§ 97 EheG bestimmt, inwieweit Ehegatten die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens einschließlich der Ehewohnung sowie ehelicher Ersparnisse für den Fall der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vereinbarungen regeln können. Die Bestimmung wurde durch das FamRÄG 2009 grundlegend geändert. Während nach dem bis dahin geltenden Recht Ehegatten – abgesehen von Vereinbarungen im Zusammenhang mit einem konkreten Verfahren zur Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe – eine vertragliche Aufteilungsregelung für den Fall einer künftigen Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe nur hinsichtlich der ehelichen Ersparnisse treffen konnten, ermöglicht die Bestimmung in der seit 1. 1. 2010 geltenden Fassung solche Vereinbarungen („Vorausvereinbarungen“, „Vorwegvereinbarungen“) auch hinsichtlich des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ehewohnung.

Mit dieser Erweiterung vertraglicher Gestaltungsbefugnis sollte die Privatautonomie der Ehegatten bei der Regelung ihrer Vermögensverhältnisse gestärkt werden. Auf der anderen Seite solle es aber dem Gericht auch möglich sein, im Rahmen eines Aufteilungsverfahrens solche Vereinbarungen zu korrigieren, um schwerwiegende Benachteiligungen eines Ehegatten und – hinsichtlich der Ehewohnung – eines gemeinsamen Kindes zu verhindern. Nicht eingeschränkt wird durch die Bestimmung die Verfügungsbefugnis der Ehegatten hinsichtlich ihres Vermögens während aufrechter Ehe.

Vorausvereinbarungen der Ehegatten über eheliche Ersparnisse und über die Ehewohnung bedürfen nach Abs 1 eines Notariatsakts. Sinnvollerweise sollten sie aber durch einen Rechtsanwalt gestaltet werden, der doch im Umgang mit streitigen Ehescheidungen und streitigen Vermögensaufteilungen ungleich mehr an Erfahrung einbringt. Gleiches gilt auch für eine Vereinbarung, mit der die Ehegatten gemäß § 82 Abs 2 EheG eine in die Ehe eingebrachte, von Todes wegen erworbene oder von einem Dritten geschenkte Wohnung in die Aufteilung einbeziehen (opting in) oder nach § 87 Abs 1 letzter Satz EheG die Übertragung des Eigentums oder eines dinglichen Rechtes an einer solchen Wohnung ausschließen (opting out).

Vorausvereinbarungen über die Aufteilung des übrigen ehelichen Gebrauchsvermögens müssen schriftlich geschlossen und unterfertigt werden. Da die Differenzierung zwischen ehelichen Ersparnissen und ehelichen Gebrauchsvermögens in der Praxis Probleme bereiten kann, empfiehlt sich stets die strengere Form zu wählen. Vereinbarungen, die nämlich nicht den Formerfordernissen entsprechen, sind rechtsunwirksam. Sie entziehen damit die erfassten Sachen nicht dem Aufteilungsverfahren, doch hat das Gericht bei seiner Aufteilungsentscheidung aus Billigkeitserwägungen den Inhalt solcher – formungültigen – Vereinbarungen und die Gründe für die getroffene Regelung zu beachten und zu werten

Kontroll- und Korrekturbefugnis des Gerichts:

Auch eine formgerechte Vorausvereinbarung der Ehegatten über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse steht der Anrufung des Außerstreitgerichts nach § 85 EheG – innerhalb der Frist des § 95 EheG – nicht entgegen. Die Entscheidungskompetenz des Gerichts ist aber eine eingeschränkte.

Zu unterscheiden ist dabei zwischen

der Ehewohnung einerseits (Abs 3)
sowie den anderen Sachen des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse andererseits (Abs 2).
Von einer Vereinbarung über die Aufteilung von Sachen, die zum ehelichen Gebrauchsvermögen und zu den ehelichen Ersparnissen einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Schulden gehören, kann das Außerstreitgericht in seiner Aufteilungsentscheidung abweichen, wenn in einer Gesamtbetrachtung des aufzuteilenden Vermögens im Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung ein Ehegatte durch die vertragliche Regelung so unbillig benachteiligt wird, dass ihm die Zuhaltung der Vereinbarung unzumutbar ist. Es muss sich also um eine über die – „schlichte“ – Unbilligkeit nach § 83 Abs 1 EheG hinausgehende, schwerwiegende, grobe, krasse Benachteiligung eines Ehegatten handeln. Eine solche Benachteiligung liegt insbesondere dann vor, wenn der benachteiligte Ehegatte nach einer Gesamtbewertung der Aufteilungsregelung „mehr oder weniger mit Almosen abgefertigt wird“ , er also einen erheblich geringeren Anteil an dem aufzuteilenden Vermögen erhält, als ihm sonst – ohne Vereinbarung – auf Grund der Kriterien des § 83 EheG zustehen würde. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung; ob diese Benachteiligung schon bei Abschluss der Vereinbarung vorlag oder sich erst später ergeben hat, macht dabei keinen Unterschied (OGH 1Ob144/12a). Das Gericht hat – im Rahmen der Parteienanträge – eine von der Vereinbarung „abweichende“ Regelung zu treffen, die einen Ehegatten nicht (mehr) in unzumutbarer Weise benachteiligt. Dabei kann das Gericht die Vereinbarung nicht schlechthin ignorieren, sondern es hat nach Maßgabe der allgemeinen Billigkeitskriterien, wie etwa des Beitragsprinzips, sowie der in Abs 4 angeführten Umstände (Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse, Dauer der Ehe, rechtliche Beratung, Form) eine abweichende, einen Ehegatten nicht (mehr) in unzumutbarer Weise benachteiligende Regelung zu treffen.

Besonderes gilt nach Abs 3 für die Ehewohnung:

Nach den Kommentaren (Schwimann, Zak 2009, 324 f und Gitschthaler, EF-Z2010,11) ist die generelle Ausnahme der Ehewohnung aus dem Anwendungsbereich des Abs 2 mittels teleologischer Reduktion auf Vereinbarungen über eine Ehewohnung nach § 82 Abs 2 erster Satz EheG, also auf Vereinbarungen, mit denen eine eingebrachte, von Todes wegen erworbene oder von einem Dritten geschenkte Wohnung dem Aufteilungsregime unterworfen wurde, zu beschränken.

Denn nur bei solchen Wohnungen gehe es im Allgemeinen darum vorzukehren, dass sie im Fall der Scheidung im Eigentum des Ehegatten verblieben, von dessen Seite der Erwerb stamme. An diesbezügliche Vereinbarungen solle das Gericht gebunden sein und es stehe ihm nur zu, nach Abs 3 die Nutzung einer solchen Wohnung abweichend von der Vereinbarung zu regeln.

Vereinbarungen über Wohnungen, die während der aufrechten Ehegemeinschaft angeschafft worden seien, sollen der Unzumutbarkeitskontrolle des Abs 2 unterworfen sein, zumal es sich dabei nicht selten um das einzige gewichtige Aufteilungsvermögen handle.

Gegen diese Meinung spricht freilich der eindeutige Gesetzeswortlaut des § 97 Abs 2 EheG, der die Ehewohnung schlechthin von seinem Anwendungsbereich ausnimmt. Auch den Gesetzesmaterialien zu der Bestimmung (IA 673/A BlgNR 24. GP 37) ist kein Anhaltspunkt für eine einschränkende Auslegung zu entnehmen.

Dass der Gesetzgeber die Befugnis des Gerichts, von einer in Form eines Notariatsakts getroffenen Vereinbarung über die Ehewohnung abzuweichen, auf die Nutzung der Wohnung beschränkt, erscheint nicht unsachlich. Eine solche Regelung steht jedenfalls im Einklang mit den in § 90 Abs 1 EheG verankerten Bewahrungsgrundsatz, nach dem jedem Ehegatten sein Eigentum an Grund und Boden möglichst erhalten bleiben soll.

§ 97 Abs 2 und 3 EheG kann als Ausformung dieses tragenden Grundsatzes des Aufteilungsverfahrens verstanden werden, der vor allem dann zur Geltung kommen soll, wenn die Ehegatten einmal über die Eigentumsfrage Einvernehmen erzielt haben; die Korrekturbefugnis des Gerichts sollte dann auf die Frage der Wohnungsnutzung beschränkt bleiben (Hopf, ÖJZ 2010, 162; Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth § 97 EheG Rz 10).

Ein solches Auslegungsergebnis entspricht auch dem rechtspolitischen Ziel des FamRÄG 2009, die Dispositionsbefugnis der Ehegatten über die Vermögensaufteilung im Fall der Auflösung der Ehe zu stärken. Gerade weil es sich bei der Ehewohnung vielfach um den wertvollsten Teil des aufzuteilenden Vermögens handelt, soll einer Vereinbarung hierüber besondere Festigkeit zukommen; eine Billigkeitsentscheidung des Gerichtes soll sich dann nur noch auf die Nutzung der Wohnung beschränken.

Vereinbarungen der Ehegatten über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung im Fall der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe unterliegen der richterlichen Kontrolle im Rahmen des Aufteilungsverfahrens also nur insoweit, als es um die Nutzung der Ehewohnung – gleich, ob dem ein dingliches oder schuldrechtliches Rechtsverhältnis zugrunde liegt – geht.

Vereinbarungen, die die rechtliche Zuordnung der Wohnung, also das Eigentum, zum Gegenstand haben, kann das Gericht nach Abs 3 nicht korrigieren.

Voraussetzung einer Korrektur, die die Nutzung der Ehewohnung betrifft, ist, dass

ein Ehegatte
oder ein gemeinsames Kind
ohne die – auf Grund der Vereinbarung dem anderen Ehegatten zustehende – Nutzung der Ehewohnung die Lebensbedürfnisse nicht hinreichend decken kann
oder eine deutliche Verschlechterung der Lebensverhältnisse hinnehmen müsste.
Das kann etwa dann der Fall sein, wenn der zum Verlassen der Ehewohnung genötigte Ehegatte seinen Wohnort wechseln muss und damit ein Verlust des für ihn wichtigen Arbeitsplatzes oder für das Kind ein sein Wohl gefährdender Wechsel der Schule oder der Ausbildungsstätte verbunden ist (IA 673/A BlgNR 24. GP 37).
Für den korrigierenden Eingriff in die Vereinbarung steht dem Gericht das Regelungsinstrumentarium des § 87 EheG – ausgenommen die Übertragung des Eigentums – zur Verfügung. Wie nach Abs 2 geht es auch bei der Korrektur der Vereinbarung über die Ehewohnung nicht um die Verwirklichung einer billigen Regelung im Sinne des § 83 EheG, sondern um die Beseitigung der in Abs 3 umschriebenen groben Unbilligkeit

Vereinbarungen im (nicht unbedingt unmittelbar zeitlichen) Zusammenhang mit Ehescheidungs-, Aufhebungs- und Nichtigkeitsverfahren

Weder die Formvorschriften des Abs 1 noch die Kontroll- und Korrekturbefugnisse des Gerichts nach den Abs 2–4 gelten für Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe schließen.

Bei Vereinbarungen im Zusammenhang mit einem konkreten Scheidungs-, Aufhebungs- oder Nichtigkeitsverfahren haben die Ehegatten – anders als bei Vorausvereinbarungen – bereits Kenntnis des Verlaufs ihrer ehelichen Beziehung, der Entwicklung ihrer Vermögensverhältnisse, der sich aus der Beendigung der Ehe ergebenden Konsequenzen für ihre Bedürfnisse und damit auch der für die Aufteilung maßgeblichen Umstände; die mit diesem Wissen geschlossenen Vereinbarungen bedürfen keiner Kontrolle und Korrektur des Gerichts.

Dazu kommt, dass § 85 EheG gerade der einvernehmlichen Regelung der Aufteilung den Vorrang gegenüber einer gerichtlichen Aufteilung einräumt, da wäre eine gerichtliche Kontrolle ein Widerspruch dazu. Vereinbarungen im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe sind somit formfrei und unterliegen nicht der Kontroll- und Korrekturbefugnis des Gerichts in einem Aufteilungsverfahren.

Im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung:

Entscheidend ist weniger die zeitliche Nähe der Vereinbarung zur Auflösung der Ehe, sondern vor allem der kausale, der sachliche (funktionale) Zusammenhang zwischen dem Abschluss einer solchen Scheidungsvereinbarung und der zumindest bei einem Ehegatten vorhandenen eindeutigen Absicht, die Scheidung einzuklagen oder eben sich einvernehmlich scheiden zu lassen. (OGH 10 Ob 12/09a)

Dieser § 97 Abs. 5 mit seiner Formfreiheit und Kontrollfreiheit kommt aber nicht zum Tragen, wenn die Vereinbarung für die Zukunft, also wenn man sich dann einmal scheiden lassen würde, geschlossen wird. (wenn auch nur vorläufige Fortsetzung der Ehe und ungewisser oder tatsächlich in fernerer Zukunft liegender Zeitpunkt, (OGH 7 Ob 47/99h) oder wenn der Zusammenhang zwischen Vereinbarung und Scheidung durch ein Ereignis, wie etwa einen vorübergehenden Verzicht auf die Einbringung einer Scheidungsklage, unterbrochen wurde (OGH 7 Ob 26/04f).

Durchsetzung von Vereinbarungen

Ansprüche auf Einhaltung von zulässig geschlossenen Aufteilungsvereinbarungen sind im streitigen Rechtsweg geltend zu machen. Allerdings kommt dem außerstreitigen Verfahren insoweit ein Vorrang gegenüber dem streitigen Verfahren zu, als zunächst die Rechtszuständigkeit hinsichtlich des aufzuteilenden Vermögens im Außerstreitverfahren zu klären ist; erst nach Klarstellung, dass einzelne Gegenstände, Ersparnisse oder Rechte nicht der Aufteilung unterliegen, können Rechtsstreitigkeiten der Ehegatten untereinander im Streitweg geführt werden.

Für die durch das FamRÄG 2009 geänderte Rechtslage ist allerdings zu beachten, dass sich die Rolle des Gerichts und der Ehegatten bei der Regelung der Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Weg von Vorausvereinbarungen in zweifacher Hinsicht geändert hat.

Einerseits können die Ehegatten nun auch nicht nur die ehelichen Ersparnisse, sondern auch das eheliche Gebrauchsvermögen und die Ehewohnung vorweg regeln.

Zum anderen ist die Kontroll- und Korrekturmöglichkeit des Gerichts hinsichtlich solcher Vereinbarungen auf das gesamte Aufteilungsvermögen – hinsichtlich der Ehewohnung allerdings eingeschränkt auf die Nutzung –, also auch auf die ehelichen Ersparnisse erstreckt worden.

Diese richterliche Kontroll- und Korrekturbefugnis ist allerdings auf gravierende Unbilligkeiten eingeschränkt; nur wenn die Vereinbarung einen Ehegatten in unzumutbarer Weise unbillig benachteiligt bzw – bei der Nutzung der Ehewohnung – eine unzureichende Deckung der Lebensbedürfnisse oder eine deutliche Verschlechterung der Lebensverhältnisse zur Folge hat, kann das Gericht eingreifen und die vereinbarte Regelung modifizieren.

Eine solche Entscheidung kommt allein dem Außerstreitrichter zu; dieser hat allerdings keinen Einfluss auf Vereinbarungen über das Eigentum an der Ehewohnung und auf Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe. Streitigkeiten, die die Rechtsgültigkeit von Aufteilungsvereinbarungen betreffen, wie insbesondere Form- oder Willensmängel (Irrtum, Arglist, Zwang) sollen grundsätzlich im streitigen Verfahren entschieden werden.

Zweifelhaft ist hingegen, in welchen Verfahren über die Sittenwidrigkeit einer solchen Vereinbarung abgesprochen werden soll. Im Hinblick auf die Ähnlichkeit der Kontrolltatbestände der Abs 2 und 3 mit dem Tatbestand der Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB und die damit verbundenen Abgrenzungsfragen sowie den grundsätzlichen Vorzug des außerstreitigen Verfahrens gehört diese Entscheidung in das Aufteilungsverfahren, zumal in diesem Verfahren auch eine Anpassung der Vereinbarung vorgenommen werden kann (OGH 1 Ob 144/12a). Damit wird auch verhindert, dass das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis eine Rechtsgestaltung im Außerstreitverfahren konterkariert. Werden somit Ansprüche dieser Art von einem Ehegatten in einem streitigen Verfahren geltend gemacht, so ist die Klage als Antrag im außerstreitigen Verfahren umzudeuten und gemäß §§ 40a, 44, 46 JN in Verbindung mit § 12 Abs 2 AußStrG an das Aufteilungsgericht zu überweisen (OGH 7 Ob 48/10z).

Ehepakte

Die §§ 81 ff EheG sind auch anzuwenden, wenn die Ehegatten ihre Vermögensverhältnisse durch Ehepakte geregelt haben. Soweit es dabei um die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Fall der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe geht, kommt ihnen als leges speciales der Vorrang gegenüber den Bestimmungen über die Wirkungen einer Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe auf die Ehepakte (§§ 1265 f ABGB) zu. Im Hinblick auf die Notariatsaktsform sind Ehepakte Vorausvereinbarungen im Sinne des § 97 EheG und unterliegen damit der Kontroll- und Korrekturbefugnis des Gerichts nach § 97 Abs 2–4.

Abseits der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse machen vor allem aber auch Fragen des Unterhaltsrechtes erhebliche Probleme und schaffen daher ein großes Interesse der Ehepartner, unter Umständen eine Regelung bereits im Vorhinein treffen zu können.

Was den Kindesunterhalt betrifft, unterliegen die Ehepartner (Eltern) stets der Regelungs- und Kontrollhoheit des Gerichts. Jede Vereinbarung des Kindesunterhalts gilt daher nur im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und sind insofern stets der strengen Kontrolle des Gerichts unterworfen. Kein Kind (und damit auch nicht das Pflegschaftsgericht) ist an eine Vereinbarung der Eltern gebunden.

Verzicht auf den Ehegattenunterhalt im Ehevertrag:

In einem Ehevertrag in Österreich ist der Unterhaltsverzicht in weiten Teilen sittenwidrig, d.h. ein vollständig wechselseitiger Verzicht auf Unterhaltsansprüche kann durch einen Ehevertrag in Österreich grundsätzlich nicht vereinbart werden bzw. wäre die Vereinbarung im Fall einer Scheidung nichtig. Vertragliche Regelungen des Unterhalts sind auch für die Zeit nach einer Scheidung möglich, aber gerade im Zusammenhang mit weitergehenden Verzichtserklärungen sehr häufig sittenwidrig.

§ 80 EheG

Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung der Ehe Vereinbarungen treffen. Ist eine Vereinbarung dieser Art vor Rechtskraft des Scheidungsurteils getroffen worden, so ist sie nicht schon deshalb nichtig, weil sie die Scheidung erleichtert oder ermöglicht hat; sie ist jedoch nichtig, wenn die Ehegatten im Zusammenhang mit der Vereinbarung einen nicht oder nicht mehr bestehenden Scheidungsgrund geltend gemacht hatten oder wenn sich anderweitig aus dem Inhalt der Vereinbarung oder aus sonstigen Umständen des Falles ergibt, dass sie den guten Sitten widerspricht.

Weitgehend zitiert aus dem Kommentar Schwimann/Kodek

Der erste Satz dieser Bestimmung des § 80 EheG erklärt sämtliche Bestimmungen „über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung“ für dispositiv, also grundsätzlich frei vertraglich regelbar. Die Parteien können also im Rahmen der Privatautonomie von den gesetzlichen Unterhaltsregeln der §§ 66–78 abweichende und nach § 914 ABGB auszulegende Abmachungen treffen, indem sie zum Beispiel einen Unterhaltsverzicht, die Nichtanrechnung von Einkünften des Unterhaltsberechtigten oder des Unterhaltspflichtigen, Unterhalt für den allein oder überwiegend Schuldigen, ohne „wichtigen Grund“ eine Kapitalabfindung, Naturalunterhalt oder Unterhalt trotz Wiederverehelichung oder Eingehung einer Lebensgemeinschaft vereinbaren.

Auch die Abbedingung des § 78 wird für zulässig gehalten, sodass dem Unterhaltsberechtigten die „gleiche Rente für die Zeit vor wie nach dem Tode des Pflichtigen“ gebührt, was aber deswegen problematisch ist, weil dadurch das Herabsetzungsrecht des Erben (§ 78 Abs 2) durch Vertrag zu seinen Lasten undifferenziert (also nicht nur in Bezug auf die Berücksichtigung seiner Verhältnisse, sondern auch im Hinblick auf die beschränkte Erbenhaftung) ausgeschlossen wird.

Auch bedingte oder befristete Abmachungen sind zulässig. Die Parteien können daher den Unterhaltsanspruch zeitlich begrenzen oder vereinbaren, dass sein Entstehen von bestimmten Ereignissen (z.B. Notlage) oder der Erreichung eines bestimmten Alters abhängen soll.

Abschluss und Form

Die Unterhaltsvereinbarung kommt nach allgemeinen Grundsätzen durch Angebot und Annahme zustande (§ 861 ABGB). Der OGH hat freilich das Vorbringen im Scheidungsprozess, dass der Kläger „für den Fall der Ehescheidung“ bereit sei, „die Beklagte weiterhin zu alimentieren und ihr 20 % seines jeweiligen Nettoeinkommens zu zahlen“, ebenso wenig als Offerte qualifiziert wie die Parteiaussage, dass „meine Frau 25 % meines Nettoeinkommens als Unterhalt bekommt, welche Leistung ich auch weiter erbringen würde“. Dabei handle es sich nicht um rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, sondern um Prozesshandlungen, die nur als Willensäußerungen anzusehen seien und außerdem nicht gegenüber der Prozessgegnerin, sondern gegenüber dem Gericht abgegeben würden.

Unterhaltsvereinbarungen bedürfen – auch wenn darin auf Unterhalt verzichtet wird – grundsätzlich keiner Form und können daher auch stillschweigend zustande kommen.16 Ein notariatsaktpflichtiges Schenkungsversprechen kann mangels Gegenleistung allerdings dann vorliegen, wenn trotz Verzichts nachträglich Unterhaltsleistungen vereinbart werden oder wenn die Vereinbarung über die bloße Konkretisierung des gesetzlichen Unterhalts hinausgeht oder die Lebensverhältnisse der Ehegatten übersteigt. Eine Schenkung darf freilich nicht „automatisch“ schon dann angenommen werden, wenn der vereinbarte Unterhalt höher als der gesetzliche ist, sondern erst dann, wenn mit Schenkungsabsicht keine Gegenleistung erbracht wird, was aber bei Unterhaltsvereinbarungen für die Zeit nach der Scheidung gewöhnlich nicht der Fall ist. Eine Schenkung ist daher im Zweifel überhaupt nicht, jedenfalls aber dann nicht anzunehmen, wenn ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch nach § 66 oder § 69 besteht oder nach § 68 begründet werden könnte. Auch immaterielle Gegenleistungen (z.B. Fallenlassen eines Scheidungsgrundes, Unterlassung einer Widerklage) schließen den Schenkungscharakter der Unterhaltsvereinbarung aus.

Vereinbarungen vor, während und nach der Ehe

Die Parteien können auch schon vor der Eheschließung Unterhaltsvereinbarungen für die Zeit nach der Scheidung treffen, die allerdings besonderer Prüfung bedürfen, weil sie dem Verdacht der Sittenwidrigkeit ausgesetzt sind. Die Gültigkeit von Unterhaltsvereinbarungen, die nach Rechtskraft des Scheidungsurteils getroffen werden, ist nach allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

Dies gilt insbesondere für Verträge, mit denen nach der Scheidung Abmachungen wiederholt werden, die vorher nichtig waren, weil nicht oder nicht mehr bestehende Scheidungsgründe fingiert wurden. Dass eine vor Rechtskraft des Scheidungsurteils getroffene Vereinbarung nicht schon deshalb nichtig ist, weil sie die Scheidung erleichtert oder ermöglicht hat, versteht sich nach heutiger Auffassung von selbst und ist wohl nur aus historischen Gründen, nämlich deshalb besonders erwähnt, weil die deutsche Rechtsprechung vor Inkrafttreten des EheG 1.8.1938 solchen Abmachungen reserviert gegenüberstand. Trotzdem ist die Bestimmung normativ nicht völlig bedeutungslos, weil sie immerhin klarstellt, dass es grundsätzlich nicht den guten Sitten widerspricht, wenn sich ein Ehegatte im Falle einer scheidungsreifen Ehe bestimmte Verfahrensschritte (Erhebung der Scheidungsklage, Unterlassung einer Widerklage, Rechtsmittelverzicht usw.) gewissermaßen „abgelten“ lässt, indem er sie davon abhängig macht, dass sich der andere zu angemessenen Unterhaltsleistungen verpflichtet.

Sittenwidrig wäre es nur, wenn ein Ehegatte aus der Scheidung „ein Geschäft macht“, indem er aus unlauteren Beweggründen handelt oder Vermögensvorteile anstrebt, die den Rahmen einer gerechtfertigten wirtschaftlichen Sicherung sprengen.

Ungültige Vereinbarungen

Wenn die Ehegatten im Zusammenhang mit der Unterhaltsvereinbarung einvernehmlich einen nicht oder nicht mehr bestehenden Scheidungsgrund geltend machen, der das Scheidungsurteil auch tatsächlich beeinflusst hat, hängt die Gültigkeit der Vereinbarung davon ab, ob die Manipulation der Parteien die Scheidung bloß erleichtert oder die Auflösung einer Ehe herbeigeführt hat, die in Wirklichkeit gar nicht scheidungsreif war, wobei freilich kein allzu strenger Maßstab angelegt wird.

Die Absprache wird nur dann für ungültig gehalten, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt oder wenn ein fiktiver, verjährter oder verziehener Scheidungsgrund geltend gemacht wird, sodass ohne gesetzliche Grundlage eine sonst nicht mögliche Scheidung herbeigeführt werden soll. Die Vereinbarung ist daher gültig, wenn ein Scheidungsgrund bloß deshalb simuliert wird, um einen anderen tatsächlich gegebenen Tatbestand zu kaschieren. Seit der Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung ist freilich all dies praktisch obsolet geworden, weil kein Anlass mehr besteht, einen Scheidungsgrund vorzutäuschen, um die Auflösung der Ehe zu erreichen.

Nach wie vor kann sich aber „anderweitig aus dem Inhalt der Vereinbarung oder aus sonstigen Umständen des Falles“ ergeben, dass sie den guten Sitten widerspricht (§ 80 ) Dies ist z.B. dann der Fall, wenn ein so grobes Missverhältnis zwischen der Höhe des Unterhaltsbetrages und den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien besteht, dass die bedungene Unterhaltsleistung den Unterhaltsschuldner in seiner Existenz gefährden würde. Dabei sind nicht nur die gegenwärtigen Verhältnisse, sondern auch zukünftige Entwicklungen zu berücksichtigen. Den guten Sitten widerspricht es auch, wenn ein Unterhaltsverzicht in der Absicht geschlossen wird, den Unterhalt auf Dritte (z.B. die öffentliche Fürsorge) abzuwälzen oder eine Unterhaltsvereinbarung nur zwecks Herbeiführung eines Pensionsanspruchs geschlossen wird oder wenn Verpflichtungen übernommen werden, die die wirtschaftliche Existenz des Unterhaltsberechtigten bedrohen. Im letzten Fall wird Sittenwidrigkeit sogar dann angenommen, wenn ausdrücklich auch für den Fall der Not verzichtet wurde, was unter dem Gesichtspunkt der Vertragstreue und der Rechtssicherheit – man ist unter Umständen noch Jahrzehnte später mit Unterhaltsansprüchen konfrontiert – fragwürdig erscheint, zumal der Verzicht oft als Ausgleich für die Scheidungsbereitschaft des anderen abgegeben wird und/oder Vorteile in anderen Bereichen z.B. im Rahmen der Vermögensaufteilung nach sich zieht. Keine Sittenwidrigkeit liegt jedenfalls insoweit vor, als der Verzichtende ein zur Deckung seines notwendigen Unterhalts ausreichendes Einkommen erzielt.

Hingegen ist es nicht sittenwidrig, wenn die Pfändungsgrenzen unterschritten werden oder vereinbart wird, dass ein allfälliges Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht zur Herabsetzung der vereinbarten Alimentation berechtige oder der Unterhalt statt nach § 69 nach § 66 zu leisten ist. Sittenwidrigkeit liegt weiters dann nicht vor, wenn die Unterhaltspflicht in Kenntnis der bestehenden Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten oder auch für den Fall der Wiederverehelichung eingegangen wird.

Per definitionem kann eine Vereinbarung so lange nicht sittenwidrig sein, als sie sich im Rahmen des gesetzlichen Unterhalts bewegt. Ein Unterhaltsvergleich ist auch nicht schon allein deswegen sittenwidrig, weil bei Anwendung gesetzlicher Unterhaltsbemessungskriterien entweder gar kein oder nur ein geringerer Unterhaltsanspruch bestünde. Ebenso wenig ist der Verzicht auf die Umstandsklausel sittenwidrig; das Beharren darauf kann aber sittenwidrig sein, wenn etwa ohne Berücksichtigung der nachfolgenden Umstände dem Unterhaltspflichtigen die Existenzgrundlage entzogen wäre.

Die Unterhaltsvereinbarung kann auch aus anderen Gründen ungültig, anfechtbar oder unvollkommen sein. Letzteres wurde aber nicht für eine (formlose) Vereinbarung zwischen Ehegattin und der Geliebten ihres Mannes angenommen, wonach die Geliebte für den Fall, dass die Ehe geschieden werde und sie den Mann heirate, der ersten Gattin nach dem Tod des Mannes die Beträge aus der Witwenpension zukommen lassen werde. Auch die Vereinbarung einer Konventionalstrafe zwischen Ehegattin und ihrem Mann für den Fall, dass eine solche Vereinbarung nach der Wiederverehelichung nicht zustande kommt, ist wirksam, so dass der Ehegatte ersatzpflichtig wird, wenn er wieder heiratet und seine nunmehrige Ehefrau die bedungene Erklärung nicht abgibt.

Teilungültigkeit

Nach allgemeinen Regeln hängt auch bei Teilungültigkeit einer Unterhaltsvereinbarung die Wirksamkeit des Restvertrages grundsätzlich davon ab, ob die Parteien den von der Ungültigkeit nicht betroffenen Teil des Vertrages auch allein abgeschlossen hätten (§ 878 Abs 2 ABGB per analogiam). Sind daher z.B. unterhaltsrechtliche und vermögensrechtliche Regelungen Gegenstand eines Übereinkommens der Ehegatten und können die einzelnen Punkte nicht voneinander getrennt werden, so ist die ganze Abmachung als ungültig anzusehen, wenn dies auch nur bei einzelnen Punkten der Fall ist.

Liegt allerdings die Teilnichtigkeit in einem Verstoß gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot, so kommt es nicht auf den hypothetischen Parteiwillen, sondern darauf an, welchen Schutzzweck die die Nichtigkeit begründende Norm verfolgt. Ist daher eine Unterhaltsvereinbarung deswegen sittenwidrig, weil die bedungene Unterhaltsleistung die Existenz des Schuldners gefährdet, so ist die Abmachung nicht schlechthin ungültig, sondern bleibt insoweit aufrecht, als die Existenzgrundlage nicht berührt wird.

Folgen der Nichtigkeit

Die Nichtigkeit der Unterhaltsvereinbarung führt dazu, dass an Stelle des unwirksam vereinbarten Unterhalts der gesetzliche tritt, dessen Bemessung sich grundsätzlich auch dann nach dem Schuldausspruch richtet, wenn dieser manipuliert und das Verschulden in Wirklichkeit ganz anders verteilt war, als es auf Grund des Parteienarrangements im Urteil ausgesprochen wurde. Ein Ehegatte wird daher auch dann nach § 66 unterhaltspflichtig, wenn er ohne den nichtigen Unterhaltsverzicht des anderen die Alleinschuld nicht auf sich genommen hätte.

Nach allgemeinen Grundsätzen des Bereicherungsrechts findet eine Rückabwicklung der auf Grund der nichtigen Vereinbarung bereits erbrachten Leistungen gewöhnlich nicht statt, weil § 80 offenbar nicht den Leistungsaustausch an sich, sondern nur die Entstehung durchsetzbarer Verbindlichkeiten unterbinden will. Eine Rückforderung ist allerdings schadenersatzrechtlich gegen denjenigen zu erwägen, der durch sein sittenwidriges Verhalten die Nichtigkeit der Unterhaltsvereinbarung verschuldet hat.

Gesetzlicher und vertraglicher Unterhalt

Die von § 80 ermöglichten Unterhaltsvereinbarungen schließen die dispositiven Bestimmungen der gesetzlichen Unterhaltsregeln der §§ 66 ff aus. Der vereinbarte Unterhalt steht dem gesetzlichen freilich insoweit gleich – genießt daher dessen Privilegien, ist aber auf der anderen Seite auch von einer Änderung oder einem Fortfall seiner Voraussetzungen abhängig, als die Vereinbarung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nur eine Fixierung und Konkretisierung des gesetzlichen Unterhalts (der Höhe und den Leistungsmodalitäten nach) darstellt, wobei der vereinbarte Unterhaltsbetrag auch „etwas höher“ liegen kann als er im streitigen Verfahren bemessen würde.

Im Zweifel – allerdings nur dann, wenn im Zeitpunkt der Unterhaltsvereinbarung die gesetzlichen Grundlagen (z.B. Verschuldensausspruch) schon vorlagen oder zumindest der Vereinbarung zugrunde gelegt wurden, ist eher anzunehmen, dass bloß eine Konkretisierung des gesetzlichen Unterhalts vorliegt. Nur soweit beiden Parteien klar ist, dass sie – bei „großzügigster Auslegung“ – Unterhalt vereinbaren, der nach dem Gesetz nicht zustünde, weil z.B. der Unterhaltsbedarf des Berechtigten durch eigenes Einkommen gedeckt ist oder dem allein (überwiegend) Schuldigen Unterhaltsleistungen versprochen werden, handelt es sich nicht mehr um gesetzlichen, sondern rein vertraglichen Unterhalt.

Gerichts- (Prozess)vergleich und Umstandsklausel

Die Parteien können eine Unterhaltsvereinbarung durch Vergleich auch vor Gericht schließen oder eine bereits getroffene Vereinbarung protokollieren lassen, die dadurch zum gerichtlichen Vergleich wird und als doppelfunktionale Prozesshandlung sowohl materiell-rechtliche als auch prozessuale Voraussetzungen und Wirkungen hat. Ein anlässlich der Ehescheidung von den Parteien geschlossener Vergleich erledigt („Bereinigungswirkung“) alle (bekannten oder erkennbaren) Ansprüche, die mit dem Eheverhältnis zusammenhängen. Dies gilt auch dann, wenn keine Generalklausel vereinbart ist. Unterhaltsvereinbarungen unterliegen allerdings grundsätzlich der „clausula rebus sic stantibus“

Unverschuldete Not

Häufig wird vereinbart, dass ein Unterhaltsanspruch nur dann zustehen soll, wenn der geschiedene Ehegatte unverschuldet in Not gerät. Dies wird von der Rechtsprechung im Allgemeinen so verstanden, dass der Unterhaltsanspruch erst gebührt, wenn es dem Betroffenen an Mitteln fehlt, die zur Führung eines einfachen Lebens gerade noch erforderlich sind, so dass die elementarsten Lebensbedürfnisse (Wohnung, Kleidung und Nahrung) nicht mehr befriedigt werden können. Die Notlage ist freilich nicht als unverschuldet anzusehen, wenn sie der Bedürftige durch Alkoholmissbrauch, Arbeitsscheu oder dadurch herbeiführt, dass er eine Krankheit nicht behandeln lässt. Der Höhe nach gibt die Vereinbarung nicht Anspruch auf den angemessenen, sondern nur auf den notdürftigen Unterhalt, der nach Maßgabe des § 73 zu ermitteln sein wird.

§ 94 ABGB

§ 94. (1) Die Ehegatten haben nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen.

(2) Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, leistet dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechtes wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.

(3) Auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre. Auf den Unterhaltsanspruch an sich kann im Vorhinein nicht verzichtet werden.

Unterhaltsvereinbarungen („Unterhaltsvergleich“, Unterhaltsverzicht)

Schließen die Ehegatten über ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen einen Vertrag, so verdrängt dieser die Dispositivbestimmungen des § 94 Abs 1 und 2. Nach unbestrittener Meinung stellt das Gesetz (§§ 91, 94 Abs 1) es den Ehegatten grundsätzlich in jeder Hinsicht frei, ihre Unterhaltsbeziehungen durch Vereinbarung (= Unterhaltsvertrag, in der Praxis häufig als „Vergleich“ bezeichnet) autonom zu gestalten, ohne dass das Vereinbarungsergebnis anhand der gesetzlichen Unterhaltsregelung korrigiert oder an diese angepasst werden könnte.

Diese Vertragsfreiheit ist nur durch das Anspruchsverzichtsverbot des Abs 3 sowie durch § 879 (namentlich Sittenwidrigkeit) und das Erfordernis der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Häufig machen die Ehegatten davon Gebrauch, indem sie eine Unterhaltsregelung für den Fall der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes oder einen Unterhaltsverzicht vereinbaren. Soweit der vereinbarte Unterhalt auch gesetzlich gedeckt wäre, behält er seinen Charakter als „gesetzlicher“ Unterhalt und die damit verbundenen Privilegien. Selbstverständlich kann ein vertraglicher Unterhalt innerhalb der Verjährungsfrist (§ 1480) ohne weiteres auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden. Im Zweifel gilt die Unterhaltsvereinbarung nicht über die Dauer der Ehe hinaus.

Die Unterhaltsvereinbarung ist formfrei; sie kann ausdrücklich oder schlüssig zustande kommen. Eine schlüssige („stillschweigende“) Unterhaltsvereinbarung setzt aber gemäß § 863 einen derart eindeutigen Aussagewert des Parteiverhaltens und der sonstigen Umstände voraus, dass eine andere Auslegung vernünftigerweise nicht in Betracht kommt. Das ist im Allgemeinen der Fall, wenn der eine Gatte dem außergerichtlichen Unterhaltsbegehren des anderen dauerhaft freiwillig nachkommt, namentlich dann, wenn der unterhaltsleistende Gatte seine Zahlungen auf Dauer der ausdrücklichen Forderung des anderen Eheteiles entsprechend erhöht. Langdauernde unbeanstandete Unterhaltsübung für sich genügt hingegen nicht, wenn sich aus den Umständen nicht zweifelsfrei ergibt, dass sich der Unterhaltsempfänger als voll befriedigt erachtet hat, weil aus bloßem Nichtbegehren kein Verzichtswille abgeleitet werden kann.

Fragwürdig ist daher die von der Rechtsprechung bisweilen vertretene Ansicht, jahrelange Übung gleichmäßiger „Wirtschaftsgeld“-Leistung schließe eine schlüssige Vereinbarung über Art und Höhe des Unterhalts ein, wenn der Empfänger nie eine andere Zahlung verlangt hat. Dies könnte höchstens unter der weiteren Voraussetzung vertretbar sein, dass die den Gatten tatsächlich erreichende Unterhaltszuwendung aus dem Wirtschaftsgeld sich in den Dimensionen des gesetzlichen Unterhaltsanspruches bewegt (und deshalb vielleicht unterstellt werden darf, dass der Empfänger tatsächlich nicht mehr verlangen wollte). Ebenso wenig sind die tatsächlichen Leistungen eines Gatten trotz voller Kenntnis der ehewidrigen Verhaltensweisen seines Gatten als schlüssiges Anerkenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung dem Grunde nach zu werten, wenn nicht auszuschließen ist, dass er nur in Erfüllung eines moralischen Gebotes gehandelt hat.

Als Vertrag unterliegt die Unterhaltsvereinbarung den allgemeinen Vertragsgrundsätzen.

Eine Unterhaltsvereinbarung ist gemäß § 879 Abs 1 wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn sie entweder ein krasses („unbilliges“) Missverhältnis zwischen den Gesamteinnahmen (Einkommen + Unterhalt) des unterhaltsberechtigten und dem verbleibenden Einkommensrest des unterhaltspflichtigen Ehegatten zur Folge hat und die Unterhaltsbelastung damit unzumutbar wird oder durch die vereinbarte Unterhaltspflicht dem verpflichteten Ehegatten geradezu die Existenzgrundlage entzogen wird.

Diese Sittenwidrigkeitsgründe können auch nachträglich als Folge eines Verzichtes auf die Umstandsklausel entstehen, wenn geänderte Umstände die Unterhaltsbelastung für den Verpflichteten unzumutbar oder das Beharren auf der Vereinbarung für eine der Parteien existenzbedrohend werden lassen. Diesfalls ist der Verzicht auf die Umstandsklausel wegen Sittenwidrigkeit unwirksam.

Unterhaltsvereinbarungen sind stets unter der Umstandsklausel (das heißt vorbehaltlich der Änderung wesentlicher maßgeblicher Umstände) geschlossen, sofern die Parteien die Umstandsklausel nicht unzweifelhaft ausgeschlossen (auf sie „verzichtet“) haben, wobei auch ein Teilverzicht möglich ist. Einen derartigen Ausschluss nimmt der OGH bei einem Unterhaltsverzicht gegen Leistung einer Abfindung an, wenn die Parteien nicht Abweichendes vereinbart haben. Ebenso kann in der beiderseitigen bestimmten Erwartung einer Änderung ein schlüssiger Verzicht auf Umstandsklausel erblickt werden, wenn das Parteiverhalten die Konkludenzerfordernisse des § 863 erfüllt, während die Vereinbarung eines geringeren als des gesetzlichen Unterhaltes keinen Umstandsklauselausschluss bedeutet. Ein Umstandsklauselverzicht ist möglichst eng auszulegen, und er wird wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn er Unzumutbarkeit der Unterhaltsbelastung oder Existenzbedrohung für eine der Parteien zur Folge hätte.

Die Umstandsklausel greift nur bei „wesentlicher“ Umstandsänderung ein, nämlich bei „erheblicher“ oder zumindest „nicht unbedeutender“ Änderung der maßgebenden Unterhaltsbemessungsvoraussetzungen.

Beispiele: Einkommensminderung durch Pensionierung des Berechtigten, Einkommensänderung von etwa 10 %, Leistungsfähigkeitsminderung durch zusätzliche Unterhaltspflichten, Verlust der vom Berechtigten bewohnten Ehewohnung durch Betreiben des Unterhaltspflichtigen, berechtigtes Verlassen der Wohnung des Unterhaltspflichtigen, was die Wohnungskosten durch Neuanmietung beträchtlich erhöht, Änderung der gesetzlichen Unterhaltsregelung. Geldentwertung verursacht eine nominelle Vermehrung des Geldbedarfes des Berechtigten und ist somit grundsätzlich eine beachtliche Umstandsänderung, außer wenn sich Bedürfnisse und Leistungsfähigkeit zufällig nominell nicht ändern oder der vereinbarte Unterhalt ohnehin wertgesichert ist. Vergleichsbasis für die Umstandsänderung sind die für die Unterhaltsvereinbarung bestimmenden, von beiden Parteien übereinstimmend zugrunde gelegten Bemessungsfaktoren, also namentlich die Bedürfnisse des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Analog zur nachträglichen Umstandsänderung wirkt das nachträgliche Bekanntwerden von zur Zeit der Unterhaltsvereinbarung bereits eingetretenen Tatsachen.

Die Umstandsänderung kann seit der von der Rechtsprechung zugelassenen Unterhaltsforderung für die Vergangenheit im Rahmen der Verjährungsfrist auch rückwirkend für einen vor Antragstellung liegenden Zeitraum geltend gemacht werden, ohne dass es dazu einer Anfechtung der Unterhaltsvereinbarung bedürfte.

Die Wirkung der Umstandsklausel nach entsprechender Umstandsänderung hängt primär von der in der Unterhaltsvereinbarung enthaltenen Parteienabsicht ab. Es ist dabei unter Berücksichtigung der Gesamtvereinbarung und des von den Parteien verfolgten Zweckes im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien für die geänderte Lage vereinbart hätten.

Daraus ergeben sich zwei Varianten:

Weicht die Unterhaltsvereinbarung ganz deutlich vom gesetzlichen Unterhalt ab und sind die von den Parteien zugrunde gelegten Bemessungsfaktoren (sog „Vergleichsrelationen“) zu ermitteln (z.B. Berechnung der Bedürfnisse, Festlegung der Leistungsfähigkeit durch Prozentsatz vom Nettoeinkommen), dann ist die Vereinbarung unter Beibehaltung der vereinbarten Bemessungsfaktoren an die geänderten Verhältnisse entsprechend anzupassen, also der Unterhaltsbetrag bei gleich gebliebenen Bedürfnissen, aber geänderter Leistungsfähigkeit nach der vereinbarten Relation zum (geänderten) Nettoeinkommen des Verpflichteten zu korrigieren.
Diente die Unterhaltsvereinbarung aber (mehr oder minder) nur der Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches (oder sind die von den Parteien zugrunde gelegten Bemessungsfaktoren nicht feststellbar), dann ist bei maßgeblicher Umstandsänderung der Unterhalt nach dem Gesetz neu zu bemessen Dies gilt für jede Version der Unterhaltsvereinbarung auch bei Änderung der objektiven Rechtslage, weil eine Reaktion des Parteikonsenses auf eine (unbekannte) zukünftige Gesetzesänderung im Regelfall nicht ermittelbar sein wird; mit der Gesetzesänderung erlischt daher die Unterhaltsvereinbarung.
Eine besondere Art der Unterhaltsvereinbarung ist der Unterhaltsverzicht.

Für die Vergangenheit kann auf Unterhalt unbeschränkt verzichtet werden.
Für die Zukunft ist während aufrechter Ehe der Unterhaltsanspruch als solcher („an sich“) gemäß § 94 Abs 3 S 2 dem Grunde nach unverzichtbar. Der undeutliche Wortlaut dieser Bestimmung hat zu unterschiedlichen Ansichten über die mögliche Reichweite eines solchen Verzichts geführt
Herrschende Ansicht ist, dass nur ein Verzicht auf künftige einzelne Unterhaltsleistungen oder Teile von Unterhaltsleistungen zulässig und wirksam sei, StRsp, 8 Ob 84/10a; ebenso Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht8 246 f; Hopf/Kathrein, Eherecht3 § 94 ABGB Rz 45; Kerschner/Sagerer-Forić, Familienrecht6 Rz 2/50; Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 1332; Smutny in Kletečka/Schauer. etwa auf den Unterhalt während einer datumsmäßig oder durch sonstige Umstände begrenzten Zeitspanne.

Über die mögliche zeitliche und betragsmäßige Dimension des Verzichts variieren die Meinungen allerdings erheblich. Zur zeitlichen Reichweite:

Mitunter wird bei einem nicht eindeutig terminisierten Verzicht dessen Widerruflichkeit angenommen. Hinsichtlich der Frage, wie weit betragsmäßig verzichtet werden kann, begegnet man immer wieder der Ansicht, dass ein Verzicht insoweit rechtswirksam ist, als zumindest der notwendige Unterhalt des Berechtigten gesichert sei. Es sind bei Beurteilung der möglichen Reichweite eines Verzichts mehrere Kriterien zu berücksichtigen: Länge des Verzichtszeitraums, Höhe des Betrags, auf den verzichtet wird, Sicherung der Existenz des Verzichtenden während der Dauer des Verzichts und Lebensumstände der Ehegatten. Verzichtserklärungen sind eng auszulegen. Ein absichtliches Zusammenwirken der Verzichtspartner zum Nachteil Dritter könnte allenfalls sittenwidrig sein. Auch der Unterhaltsverzicht kann ausdrücklich oder schlüssig („stillschweigend“) erfolgen. Ebenso hat (bis auf Widerruf!) auf allfällige Mehrleistungen eindeutig verzichtet, wer dem Verpflichteten ausdrücklich erklärte, derzeit mit einem bestimmten monatlichen Unterhaltsbetrag einverstanden zu sein.

Entgegen einer E des OGH ist aber ein Verzicht noch nicht anzunehmen, wenn sich der Unterhaltsberechtigte (wohl auch, um den Ehefrieden zu wahren) jahrelang mit zu niedrigen, im Rahmen eines „Wirtschaftsgeldes“ geleisteten Unterhaltszahlungen „abfindet“. Verzicht auf zukünftigen Unterhalt ist weder in jahrelanger Unterlassung der Unterhaltsgeltendmachung noch in einer aus Gemütsaufregung geäußerten Verweigerung („ich will kein Geld mehr von dir“) der Annahme des Wirtschaftsgeldes für einen Monat zu erblicken. Ebenso wenig kann aus der jahrelangen Unterlassung der Geltendmachung einer vereinbarten Werterhöhung oder aus der jahrelangen widerspruchslosen Annahme von Zahlungen unter der vereinbarten Unterhaltshöhe auf deren Verzicht für die Zukunft geschlossen werden. Wurde die Umstandsklausel nicht ausgeschlossen, so machen wesentliche Änderungen maßgebender Umstände den Unterhaltsverzicht hinfällig.

Ende des Anspruchs, Verfahrensfragen

Der Unterhaltsanspruch nach § 94 endet mit Auflösung der Ehe. Bei Auflösung unter Lebenden werden mit Rechtskraft der Auflösungsentscheidung (Scheidung, Aufhebung, Nichtigerklärung) auf der Grundlage von § 94 geschaffene Unterhaltstitel, mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs nach § 69 Abs 2 EheG, unwirksam.

Das gilt auch dann, wenn der Unterhalt vereinbart war, außer die Unterhaltsvereinbarung sollte nach dem unzweifelhaften Parteiwillen die Ehelösung überdauern. Stirbt der Unterhaltspflichtige, so richtet sich der Unterhalt des Berechtigten nach § 747. Geht der Unterhaltsberechtigte nach erfolgter Ehezerrüttung eine Lebensgemeinschaft ein (davor wäre dies ein Verwirkungsgrund), kommt es anders als im nachehelichen Unterhaltsrecht nicht zum Ruhen des Anspruchs.

Der Unterhaltsanspruch des § 94 ist im streitigen Verfahren mittels Klage geltend zu machen. Er kann aber „im Zusammenhang“ mit einem Unterhalts-, Ehescheidungs-, Eheaufhebungs- oder Ehenichtigerklärungsprozess auch als einstweiliger Unterhalt durch Antrag auf einstweilige Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO gefordert werden. Der einstweilige Unterhalt ist in Höhe des angemessenen und nicht bloß notwendigen Unterhalts zu bemessen. Für die Vergangenheit kann einstweiliger Unterhalt nicht zugesprochen werden.

Voraussetzung der gerichtlichen Geltendmachung (auch des künftigen Unterhalts) ist die (zumindest teilweise) Säumnis (Verzug) des unterhaltspflichtigen Eheteiles, wobei es nichts ändert, wenn der Verpflichtete nach Verzug mit einer Monatszahlung in der Folge wieder freiwillig in voller Höhe weitergeleistet hat. Für den Umstand, dass er trotz Anspannung seiner Kräfte zur (vollen) Unterhaltsleistung unfähig sei, ist grundsätzlich der Verpflichtete behauptungs- und beweispflichtig.

Soweit die Entscheidung nichts anderes bestimmt, ist die zukünftig geschuldete Geldrente gemäß § 1418 jeweils am Monatsersten fällig. Unterhalt gebührt daher auch für den Monat, in dem ein Verwirkungstatbestand gesetzt wurde. Der gesetzliche Unterhalt nach § 94 kann im Rahmen der dreijährigen Verjährung des § 1480 auch für die Vergangenheit gefordert werden, ohne dass § 72 EheG analog anwendbar ist, wobei die gleichen Unterhaltsbemessungsregeln gelten wie für den laufenden Unterhalt. Folgerichtig kann innerhalb der Verjährungsfrist der Unterhalt für die Vergangenheit auch abgeändert (erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben) werden.

Der Unterhaltsanspruch als solcher ist unverjährbar, aber rückständige Unterhaltsraten verjähren gemäß § 1480 in drei Jahren. Nach § 1495 ist diese Verjährung aber zwischen Ehegatten während der Ehedauer (also bis zur Eheauflösung) fortlaufgehemmt. Bei der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit ist die Anrechnung freiwilliger Sachleistungen auf den Geldunterhalt grundsätzlich von der Zustimmung des Berechtigten und der Zweckmäßigkeit der Sachleistung abhängig; im Übrigen richtet sich die Anrechenbarkeit nach den Umständen des Einzelfalles, wobei eine Überalimentation in einem Bedürfnisteilbereich nicht zu einer Kürzung in einem anderen führen darf. Nach neuerer Rechtsprechung gilt die 3-jährige Verjährungsfrist analog § 1480 ABGB auch für Kondiktionsansprüche aufgrund irrtümlich rechtsgrundlos gezahlter Unterhaltsleistungen.

Die zwischen Klagseinbringung und Schluss der mündlichen Streitverhandlung vom Unterhaltsschuldner geleisteten Zahlungen sind auf Antrag im Spruch festzuhalten und demgemäß in Abzug zu bringen. Hat der unterhaltspflichtige Gatte neben seinem Ehegatten noch weitere Unterhaltsgläubiger (Kinder) und leistet er einen für mehrere Personen bestimmten, nicht näher aufgeschlüsselten Betrag, so ist eine verhältnismäßige Tilgung der Unterhaltsschulden anzunehmen. Bei der Erfüllung eines Unterhaltstitels sind auch vom Verpflichteten für den Berechtigten geleistete Behandlungskostenbeiträge an die gesetzliche Krankenversicherung als Unterhaltsleistung anzurechnen.

Die Rechtsprechung bejaht eine Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht (Art XLII EGZPO) des geschiedenen Gatten über alle für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände auch bei gesetzlicher Unterhaltspflicht (früher hatte sie eine solche nur bei vertraglichen Unterhaltsansprüchen angenommen), wenn der Klagsanspruch dem Grunde nach zu Recht besteht und eine Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfällt. Letzteres ist dann der Fall, wenn es dem Kläger nicht möglich ist, die Höhe des Einkommens des Beklagten festzustellen, während dies dem Beklagten keine Schwierigkeiten bereitet. Umso mehr ist daher unter den genannten Voraussetzungen auch für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch während aufrechter Ehe eine solche Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht anzunehmen.

Die im Rahmen der persönlichen Ehewirkungen anerkannte Verpflichtung, sich gegenseitig über alle wesentlichen Umstände des Berufs- und Privatlebens aufzuklären und zu informieren, hat auch für die Belange des Unterhalts Bedeutung. Ein Ehegatte, der dem anderen Ehegatten Bestandteile seines Einkommens verschweigt, handelt pflichtwidrig und begeht damit eine Eheverfehlung.

Unterhaltsverträge § 80.

Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung der Ehe Vereinbarungen treffen. Ist eine Vereinbarung dieser Art vor Rechtskraft des Scheidungsurteils getroffen worden, so ist sie nicht schon deshalb nichtig, weil sie die Scheidung erleichtert oder ermöglicht hat; sie ist jedoch nichtig, wenn die Ehegatten im Zusammenhang mit der Vereinbarung einen nicht oder nicht mehr bestehenden Scheidungsgrund geltend gemacht hatten oder wenn sich anderweitig aus dem Inhalt der Vereinbarung oder aus sonstigen Umständen des Falles ergibt, daß sie den guten Sitten widerspricht.

Die Unterhaltsregeln der §§ 66 ff sind dispositiv, die Ehegatten können daher sowohl vor als auch nach der Scheidung die Unterhaltspflichten für die Zeit danach einvernehmlich regeln (Unterhaltstitel für die Zeit davor erlöschen im Übrigen mit Scheidung, sofern kein Fall des § 69 Abs 2 vorliegt: RS0047352).

Soweit die Ehegatten dabei eine Regelung treffen, die dem ansonsten anwendbaren gesetzlichen Regime weitestgehend entspricht (nur „Fixierung und Konkretisierung des Unterhaltsanspruches der Höhe und den Leistungsmodalitäten nach“: 5 Ob 620/88), ist der solcherart vereinbarte Unterhalt wie ein gesetzlicher zu behandeln (RS0042490; für die bei einvernehmlicher Scheidung gemäß § 55a Abs 2 notwendigen Regelungen ausdrücklich § 69a Abs 1), mit allen daraus resultierenden Vorteilen, insbesondere im Exekutions- oder Steuerrecht. Daher ist er etwa auch anzupassen, wenn sich die für den gesetzlichen Anspruch vorausgesetzten Umstände ändern (1 Ob 592/82). Generell unterliegen Unterhaltsvereinbarungen im Zweifel der clausula rebus sic stantibus.

Der von den Ehegatten vertraglich eingeräumte Unterhaltsanspruch ist nur insoweit als vertraglicher Anspruch zu behandeln, als er den gesetzlich zustehenden deutlich übersteigt (dabei großzügiger Maßstab geboten: 5 Ob 527/86). Auch ohne solche Qualifikation sind auf Unterhaltsvereinbarungen aber jedenfalls Teile der gesetzlichen Regeln zumindest analog anwendbar. Insbesondere gehen vertragliche Alimentationszusagen stets den Unterhaltspflichten der Verwandten vor (§ 71 Abs 1 S 1; 8 Ob 2213/96s); rein vertragliche allerdings ohne die Einschränkung des § 71 Abs 1 S 2 (zur Verwirkung).

Unterhaltsvereinbarungen sind grundsätzlich formlos (und daher auch konkludent) möglich (Hopf/Kathrein, EheR). Bei einem gänzlichen Verzicht auf gesetzlich zustehende Ansprüche oder bei einer diese deutlich übersteigenden Leistungszusage ist allerdings zu prüfen, inwieweit damit eine reine Schenkung ohne jedwede Gegenleistung des anderen beabsichtigt war (6 Ob 274/02s); eine solche Vereinbarung wäre nämlich nach allgemeinen Regeln notariatsaktspflichtig (§ 1 Abs 1 lit d NotAktsG).

§ 80 S 2 ist seit Einführung der einvernehmlichen Scheidung ohne Regelungsgehalt und damit überflüssig. Verstößt die Unterhaltsvereinbarung gegen die guten Sitten, ist sie schon wegen § 879 ABGB nichtig. Dies gilt etwa bei grobem Missverhältnis zwischen Leistung und Bedarf, Existenzgefährdung des Unterhaltspflichtigen (4 Ob 602/73) oder gezielter Schädigung Dritter (3 Ob 7/95).

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